Politik
Streit um Diagnoseänderungen: Landessozialgericht NRW muss sich mit Barmer befassen
Freitag, 10. Januar 2020
Berlin – Der Streit um die Rechtmäßigkeit nachträglicher Änderungen ärztlicher Diagnosen zwischen der Barmer und dem Bundesamt für soziale Sicherung (BAS; ehemals Bundesversicherungsamt) geht vor Gericht. Das hat das BAS dem Deutschen Ärzteblatt bestätigt. Das Amt fordert Millionengelder zurück. Die Barmer hat gegen die Bescheide geklagt.
Wie die Behörde mitteilte, hat sie in Bezug auf die Barmer bisher drei Bescheide für die Jahre 2013 und 2014 erlassen. Dabei handelt es sich um einen Feststellungsbescheid für 2013, einen Korrekturbescheid für 2013 und einen Feststellungsbescheid für 2014.
Für das Jahr 2013 fordert das BAS demnach 30 Millionen Euro von der Barmer zurück. Für 2014 werde der Korrekturbetrag noch ermittelt, sagte ein BAS-Sprecher weiter. Medienberichten zufolge soll es sich um weitere 50 Millionen Euro handeln.
Das BAS bestätigte auch, dass alle drei Bescheide von der Barmer beklagt worden sind. Damit muss sich nun das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (NRW), bei dem die Klagen gegen die BAS-Bescheide anhängig sind, mit der Frage befassen, ob die nachträgliche Änderung von Diagnosen der Barmer rechtlich zu beanstanden ist.
Bereits seit Ende 2016 ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Betrugs und der Bestechlichkeit. Das Verfahren gegen ehemalige Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin und zwei Barmer-Mitarbeiter wird in der Hauptstadt geführt.
Der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft bestätigte zuletzt im April 2018, dass es bei den Ermittlungen um Zahlen und Daten zu Erkrankungen von Versicherten gehe. Von den Angaben hängt die Höhe der Zuwendungen aus dem Gesundheitsfonds an die Krankenkassen ab. Es sollen „berechnungsrelevante Daten unbefugt verändert und an das Bundesversicherungsamt“ weitergeleitet worden sein, schrieb damals der Spiegel.
Die Barmer bestreitet das weiterhin. Die Krankenkasse wehrte sich auf Anfrage erneut gegen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft und des BVA. „Wir haben nach wie vor keine Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten auf Seiten der Barmer“, sagte ein Sprecher der Barmer dem Deutschen Ärzteblatt.
Bei der damaligen Zusammenarbeit mit der zuständigen KV sei es darum gegangen, offensichtlichen Auffälligkeiten bei der vertragsärztlichen Abrechnung mit den Ärzten über die KV nachzugehen – zum Beispiel, wenn ein Arzt einen Diabetespatienten plötzlich nicht mehr als solchen dokumentiert habe, obwohl Diabetes unheilbar sei, so der Sprecher.
Er betonte, es seien lediglich medizinische Dokumentationsfehler im Sinne der Patienten, Ärzte und Krankenkassen datenschutzkonform geklärt worden. Diagnosemanipulationen weist der Sprecher zurück. Im Korrekturbescheid für das Jahr 2013 gehe es nicht um Diagnosemanipulationen. Vielmehr sei von der Kasse verlangt worden, „zu Abrechnungszwecken offensichtlich unrichtige Daten zu melden“.
„Wir sind der Überzeugung, dass nur richtige Daten gemeldet werden dürfen. Wir haben den Korrekturbescheid zum Anlass genommen, diese offene Rechtsfrage einer höchstrichterlichen Klärung zuzuführen und haben im vergangenen Jahr Klage erhoben“, erklärte der Barmer-Sprecher. © may/aerzteblatt.de

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