Medizin
Gene beeinflussen Verlauf der Aortenklappenstenose bei Männern und Frauen
Freitag, 17. Januar 2020
Berlin – Dass Aortenklappenstenosen bei Männern schlimmer verlaufen als bei Frauen, könnte daran liegen, dass bei ihnen in den Kardiomyozyten bestimmte Gene aktiver sind. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) an der Charité-Universitätsmedizin Berlin in dem Fachblatt Mayo Clinic Proceedings (doi: 10.1016/j.mayocp.2019.11.026).
Kardiovaskuläre Erkrankungen unterscheiden sich zwischen Männern und Frauen, das ist nicht neu. Die Aortenklappenstenose ist ein gutes Beispiel: Zwar ruft die Verengung der Herzklappe bei beiden Geschlechtern eine Hypertrophie hervor, die die Herzfunktion beeinträchtigt und zur Herzinsuffizienz führen kann. Bei Männern laufen dieses Wachstum und die damit verbundenen Umbauprozesse jedoch ungünstiger ab als bei Frauen.
Die molekularen Ursachen dieses ungelösten klinischen Problems zu erforschen, sei das Ziel der aktuellen Untersuchung gewesen, wird Seniorautor Georgios Kararigas in einer Pressemitteilung des DZHK zitiert.
Für ihre Pilotstudie analysierten Kararigas und sein Team die Genexpression in einzelnen Kardiomyozyten. Das unterscheidet ihre von vorangegangenen Arbeiten, in denen die unterschiedlichen Zelltypen des Herzgewebes nicht getrennt voneinander untersucht wurden. Die analysierten Zellen stammen aus Herz-Biopsien von 17 weiblichen und 17 männlichen Patienten, die am Deutschen Herzzentrum in Berlin eine künstliche Herzklappe erhielten.
Wie zu erwarten war, zeigten sich trotz ähnlicher Ausgangslage – Alter, BMI, Blutdruck, Begleiterkrankungen und Medikation waren vergleichbar – strukturelle Unterschiede zwischen den männlichen und weiblichen Patienten. Der linksventrikuläre enddiastolische Durchmesser (52±9 vs. 45±4 mm; p=0,007) und die posteriore Wanddicke (14,2±2,5 vs. 12,1±1,6 mm; p=0,03) fielen bei Männern signifikant höher aus als bei Frauen. Die Ejektionsfraktion fiel dagegen bei den männlichen Patienten niedriger aus (49%±14% vs 59%±5%; P=.01).
Aber auch die Genexpressionsanalyse zeigte Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Strukturgene, die an der Entstehung der kardialen Hypertrophie sowie dem kardialen Remodeling beteiligt sind, wurden bei Männern stärker exprimiert als bei Frauen. Und zwei Gene, die für Entzündungsfaktoren kodieren (CCN2 and NFKB1) waren negativ mit der Ejektionsfraktion korreliert – aber nur bei Männern (p=0,03 bzw. p=0,02).
„Das ist neu, denn bisher war wenig darüber bekannt, dass entzündliche Vorgänge für die Herzfunktion von Patienten mit Aortenklappenstenose bedeutend sein könnten“, so Kararigas. Die Analyse der klinischen Daten ergab, dass Patienten, in deren Proben aus dem Herzseptum die Entzündungsgene aktiver waren, auch eine schlechtere Ejektionsfunktion hatten. Dabei handelte es sich immer um Männer.
Zu wenig Frauen in klinischen Studien
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass Umbauprozesse in weiblichen und männlichen Herzen über andere Mechanismen ablaufen. „Unser bisheriges Wissen über die Mechanismen bei Herzkrankheiten basiert auf Studien, an denen überwiegend männliche Patienten teilgenommen haben. Wir fragen uns jetzt, inwieweit diese Ergebnisse tatsächlich auch für Frauen relevant sind, da in ihren Herzen scheinbar ganz andere Prozesse aktiv sind“, so Kararigas.
Größere Studien, die seine Ergebnisse untermauern, aber auch Studien speziell mit weiblichen Patienten hält er für dringend nötig. Davon würden Frauen und Männer profitieren. © nec/aerzteblatt.de
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