Politik
Bundesgesundheitsministerium fordert absolute Transparenz von App-Herstellern
Montag, 20. Januar 2020
Berlin – Digitale Gesundheitsanwendungen sollen nach Willen des Bundesgesundheitsministeriums möglichst schnell die medizinische Versorgung unterstützen. Die notwendigen Anforderungen, die Hersteller für eine Erstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung erfüllen müssen, hat nun das Bundesgesundheitsministerium in einem Entwurf vorgelegt.
Die Rechtsverordnung, die im Digitale-Versorgungsgesetz (DVG) angekündigt wurde, definiert die Anforderungen in den Bereichen Sicherheit, Qualität der medizinischen Inhalte, Datenschutz und Sicherheit und legt Vorhaben für Methoden und Verfahren zum Nachweis positiver Versorgungseffekte fest. Zusätzlich werden in dem Entwurf, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, neben dem Verfahren auch die vorhergehenden Beratungen mit den Herstellern sowie die Gebühren für das Verwaltungsverfahren beim künftig zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte festgelegt.
Ein Verfahren kann demnach bis zu 5.000 Euro kosten. Ein elektronisches Verzeichnis der erstattungsfähigen Anwendungen soll bis zum 1. Januar 2021 fertiggestellt sein und als Programmierschnittstelle in die Verordnungssoftware von Vertragsärzten implementiert sein. Für die Nutzer soll es einen „zielgruppengerechten, intuitiv zugängigen Zugang zum Informationsangebot“ geben. Die Informationen über die Anwendungen dürfen auch weitere Anbieter erstellen, die „in die Lage versetzt werden sollen, auf Basis der Angaben der Hersteller im Verzeichnis eigene Angebote zur allgemeinen Information aufzusetzen.“
Rolle der Ärztinenn und Ärzte spezifizieren
Damit Ärztinnen und Ärzte die Anwendungen verordnen können, werden Hersteller dazu verpflichtet, umfangreich über die Nachweise positiver Versorgungseffekte sowie die zu Grunde gelegten Studien zu informieren. Auch muss ein Hersteller deutlich machen, welche Rolle Ärztinnen und Ärzte sowie weiter medizinische Fachberufe bei der Anwendung einnehmen. „Für eine Anwendung muss der Hersteller klare, auf den angestrebten positiven Versorgungseffekt gerichtete Vorgaben machen, welche Rolle der Leistungserbringer im Gesamtkontext der Anwendung an ihrer Nutzung ausfüllt, wie diese praktisch auszugestalten ist und welche rechtlichen Vorgaben zu beachten sind.“
Auch müssen Hersteller „in Bezug auf die Kosten größtmögliche Transparenz“ herstellen, so dass auch Ärzte nachvollziehen können, welchen Preis eine Anwendung hat. Damit die Daten aus den Anwendungen auch in der Versorgung genutzt werden können, schreibt die Verordnung die etablierten Standards zur Datenübermittlung vor, dazu zählt auch die jeweilige Syntax und Semantik.
Qualität mit Studienergebnissen nachweisen
Die Qualität der medizinischen Inhalte muss ebenso umfangreich nachgewiesen werden: Anerkannte fachliche Standards müssen eingehalten, belastbare Quellen wie medizinische Leitlinien nachgewiesen und transparent dargestellt werden. Die Studien, die den Anwendungen zugrunde liegen, müssen in der Europäischen Union erfolgt sein, damit gewährleistet wird, dass „die in einem Versorgungskontext durchgeführt werden, der zur Versorgungssituation in Deutschland wesentlich vergleichbar ist.“ Damit werde auch sichergestellt, dass die Studienergebnisse aussagekräftig sind.
Hersteller werden auch zur Nutzerfreundlichkeit verpflichtet. Dazu gehört beispielsweise eine entsprechende Gebrauchsanleitung und „zuverlässige Unterstützung“ bei den „üblicherweise genutzten Bedienungsmetaphern wie Ziehen und Wischen“. Auch solle eine Anwendung nicht eine permanente Internetverbindung benötigen. Begründung: „Eine flächendeckende Internetabdeckung ist in Deutschland und Europa nicht gegeben . Versicherte dürfen durch die digitale Gesundheitsanwendung nicht gezwungen werden, ihre genutzten Geräte permanent mit dem Internet zu verbinden“, heißt es.
Datenauswertung überwiegend verboten
Die Anforderungen an den Datenschutz setzt die Rechtsverordnung hoch: Die sonst bei Apps oder anderen Anwendungen verwendete Datenauswertung wird überwiegend verboten. „Durch die Begrenzung der Zwecke der Datenverarbeitung wird insbesondere ausgeschlossen, dass eine umfassende Analyse und Tracking des Nutzenverhaltens zu Zwecken erfolgt, die nicht der Versorgung der Versicherten dient“, heißt es in der Begründung der Verordnung.
Keine Werbung zulässig
Daraus geht auch hervor, dass die digitalen Anwendungen keine Werbung enthalten dürfen. „Die Finanzierung einer digitalen Gesundheitsanwendung aus Mitteln der gesetzlichen Krankenkasse ist mit einer zusätzlichen Finanzierung der digitalen Gesundheitsanwendungen durch Werbung nicht vereinbar“, heißt es weiter. Werbung in den Anwendungen – bei vielen kostenlosen Apps üblich – stelle „eine Manipulation der nutzenden Person dar, welche die der Aufnahme in das Verzeichnis digitaler Gesundheitsanwendungen zugrundeliegende Zweckbestimmung der digitalen Gesundheitsanwendungen nicht unterstützt und damit unzulässig ist.“
Außerdem ist es „untunlich“, wenn Daten zu anderen Zwecken als der Versorgung verarbeitet werden, heißt es. Für die Anforderungen an den Datenschutz wurden insgesamt 39 Fragekriterien entwickelt, für die Anforderungen an die Datensicherheit 36. Dazu kommen noch „Zusatzanforderungen bei digitalen Gesundheitsanwendungen mit sehr hohem Schutzbedarf“, zu denen neun weitere Fragekategorien beantwortete werden müssen. Dabei geht es vor allem um Authentifizierung, integrierte Webserver sowie die Nutzung von Fremdsoftware und zusätzlichen externen Geräten wie beispielsweise der Handykamera. © bee/aerzteblatt.de

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