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Ärztekammer Westfalen-Lippe rügt Landesregierung für Infektionsschutz

Montag, 27. Januar 2020

/slonme, stockadobecom

Münster – Die Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) hat die nordrhein-westfälische (NRW) Landesregierung aufgefordert, den Infektionsschutz im Bundesland neu aufzustellen und dabei die Vorschläge der „Initiative zur Optimierung des Infektionsschutzes in NRW“ aufzugreifen. Einen entsprechenden Antrag verabschie­dete sie einstimmig bei einer Enthaltung.

Anlass sind die Infektionen mit dem Coronavirus, die inzwischen auch Europa erreicht haben. „Nordrhein-Westfalen hat alle Strukturen, auch das Labor in Münster und das in Düsseldorf, dicht gemacht“, betonte Anne Bunte vom Vorstand der ÄKWL, die den Antrag gestellt hatte. „Unsere nordrhein-westfälische Landesregierung hält nichts mehr vor.“ Das Land habe nur noch „Datensammler“, aber niemanden, der labormedizinisch untersuche.

Beide Ärztekammern in NRW, die kommunalen Spitzenverbände, der öffentliche Gesund­heitsdienst und die Universitäten haben die Landesregierung in den vergangenen Jahren mehrfach aufgefordert, in eine gute infektiologische Infrastruktur zu investieren, berich­te­te Bunte, die die Abteilung Gesundheit des Kreises Gütersloh leitet. „Denn Viren und Bakterien halten nicht an Grenzen fest.“ Das Land habe die Forderungen jedoch ignoriert und sitze das Thema einfach aus.

Ruf nach Nachbesserungen am Organspenderegister

Kritik übte die ÄKWL auch an den vom Bundestag kürzlich beschlossenen Re­gelungen zur Organspende. Dabei geht es unter anderem um das geplante Onlineregister, in das Erklä­rungen zur Organspende eingetragen werden sollen. „Leider soll dieses Register nicht ver­pflichtend sein“, betonte ÄKWL-Präsident Hans-Albert Gehle. Damit sei nicht nur die Zustimmung zur Organspende nötig, sondern auch die Zustimmung zum Eintrag ins Re­gis­ter.

„Das geht so nicht. Das Register muss verpflichtend sein“, sagte er in seinem ersten „Be­richt zur Lage“. Wer seine Zustimmung zur Organspende gebe, sollte automatisch ins Re­gister kommen. Denn die individuelle Entscheidung müsse für den Fall der Fälle sicher dokumentiert und leicht aufzufinden sein. „Wer seine Organe schenken will, muss sicher sein können, dass sein Geschenk nicht verloren geht“, verdeutlichte Gehle.

Darüber hinaus fehlten positive Anreize, sich als Organspender in das Register einzutra­gen. Dies könne ein Bonus für Spendewillige sein, wenn sie einmal selbst ein Spenderor­gan benötigen. „Aber irgendetwas muss passieren, sonst bleibt alles beim Alten“, ist der Ärztepräsident mit Blick auf die Organspendezahlen überzeugt. Diese Ansicht teilte auch die Kammerversammlung und verabschiedete bei einigen Enthaltungen einen Antrag, in dem sie den Gesetzgeber auf die Missstände hinweist und zu Nachbesserungen auffor­dert.

Das Transplantationsgesetz weise den Hausärzten ausdrücklich die Aufgabe der Beratung zur Organspende zu, führte Gehle weiter aus. „Ob das jetzt ein Vorteil ist, dass das jetzt als extrabudgetäre Leistung kommen wird, wird man sehen, wenn feststeht, wie die Leis­tung bewertet wird“. Die ÄKWL werde die Beratung durch entsprechende Informations­ver­anstaltungen und Fortbildungsangebote für Ärzte unterstützen und zudem für die Organspende werben.

Gehle warnte alle Beteiligten davor, nach dem Bundestagsentscheid die Hände in den Schoß zu legen und acht Jahre lang bis zur nächsten Entscheidung zu warten. „Dann sind die 9.000 Menschen, die derzeit in Deutschland auf ein Spenderorgan warten, tot.“

Daher müsse der Gesetzgeber schnell reagieren, sollte sich herausstellen, dass die vom Bundestag beschlossenen Maßnahmen nicht zur dringend benötigten Steigerung der Organspendezahl führen. Dann müsse auch erneut über die Widerspruchslösung diskutiert werden, für die sich die Kammerversammlung der ÄKWL bereits vor zwei Jahren ausgesprochen hatte, die der Bundestag aber abgelehnt hat.

Scharfe Kritik übte Gehle an der bundesweiten Ausschrei­bung von Verträgen zur speziali­sier­ten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) durch die Krankenkassen. Hintergrund sind ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs und eine ent­sprechende Gesetzesänderung. Nach Auffassung Gehles ist dadurch die palliativmedizini­sche Versorgung in Westfalen-Lippe in Gefahr, für die man einen „besonderen Weg“ ge­wählt habe.

In dem Landesteil sind die SAPV und die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) eng miteinander verzahnt. Die Patienten bekommen dadurch eine umfassende Versorgung durch Hausärzte, Fachärzte und Pflegekräfte, bei der sie in ihrer gewohnten Arzt-Patienten-Beziehung bleiben können. „Das System funktioniert sehr gut“, berichtete Gehle.

„Das ist beispielgebend, dass flächendeckend eine valide Form der Versorgung von Men­schen in der Lebensendphase besteht“, ergänzte Klaus Reinhardt. Nach Ansicht des ÄKWL-­Vizepräsidenten und Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK) ist es „eine Katas­trophe“, wenn diese Versorgung beeinträchtigt würde. Er forderte, Voraussetzungen und Qualitätskriterien so festzulegen, dass andere Anbieter keine Chance hätten, an der west­fälischen Palliativversorgung teilzunehmen.

Gehle führte aus, dass sich die ÄKWL inzwischen „an den Bund gewandt“ habe, damit die Versorgung erhalten bleibt. „Kein anderes Bundesland hat so eine palliativmedizinische Versorgung. Das sollten wir uns auch nicht kaputtschlagen lassen.“ © ts/aerzteblatt.de

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