Medizin
Weiterer HIV-Impfstoff versagt in Studie
Dienstag, 4. Februar 2020
Johannesburg – Die Hoffnungen auf einen Impfstoff gegen das HI-Virus haben einen weiteren Rückschlag erlitten. Die US-National Instituts of Health (NIH) und die südafrikanische Forschungsorganisation SAMRC gaben den Abbruch einer groß angelegten Studie bekannt. Eine Zwischenauswertung hatte ergeben, dass die Kombination aus zwei Impfstoffen jüngere Südafrikaner mit erhöhtem Erkrankungsrisiko nicht schützen kann.
In der Phase-2b/3-Studie Uhambo (Xhosa für Reise) kam HVTN 702 zum Einsatz. Es handelt sich um eine Variante der Impfstoffkombination RV144, die vor zehn Jahren in Thailand eine Schutzwirkung von 31,2 Prozent erzielt hatte (NEJM 2009; 361: 2209-2220), die als zu gering eingestuft wurde.
HVTN 702 besteht aus den gleichen Komponenten wie RV144. Die Patienten erhielten zunächst als „Primer“ ALVAC-HIV, ein modifiziertes Vogelpocken-Virus, das die Reaktionsbereitschaft des Immunsystems erhöhen soll. Später folgten „Booster“ mit AIDSVAX.
Er enthält gp120-Proteineinheiten, die eine gezielte Immunreaktion auf das Oberflächenprotein gp120 des HI-Virus anstoßen sollen. Der Impfstoff enthielt zudem das Adjuvans MF59. Sowohl ALVAC-HIV als auch AIDSVAX wurden gegenüber den in RV144 verwendeten Versionen modifiziert, um sie spezifisch auf den HIV-Subtyp C anzupassen, der in Südafrika für die meisten Infektionen verantwortlich ist.
Die Studie wurde in Südafrika durchgeführt, weil das Land eine der höchsten HIV-Infektionsraten der Welt hat. Laut UNAIDS sind mehr als 20 Prozent der erwachsenen Bevölkerung im Alter von 15 bis 49 Jahren mit HIV infiziert. Allein im Jahr 2018 sollen sich 240.000 Menschen neu angesteckt haben.
An der HVTN 702-Studie nahmen an 14 Standorten in ganz Südafrika 5.407 HIV-negative Männer und Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren teil, die ein erhöhtes Risiko auf eine sexuelle Übertragung des Virus hatten. Die Studienteilnehmer erhielten über 18 Monate insgesamt sechs Injektionen mit den Impfstoffen oder Placebos. Aus ethischen Gründen wurde allen Teilnehmern eine orale HIV-Präexpositionsprophylaxe angeboten.
Die Studie sollte im Juli 2022 abgeschlossen sein. Eine am 23. Januar durchgeführte Zwischenanalyse ergab, dass sich bisher 129 von 2.694 geimpften Teilnehmern (4,79 Prozent) mit HIV infizierten. In der Placebogruppe kam es zu 123 HIV-Infektionen unter 2.689 Teilnehmern (4,57 Prozent).
Zum Zeitpunkt der Zwischenanalyse waren bei 60 Prozent der Teilnehmer 18 Monate oder mehr seit der Impfung vergangen. In dieser Zeit hätte sich nach Einschätzung des DSMB („data and safety monitoring board“) eine Schutzwirkung abzeichnen müssen. Da dies offensichtlich nicht der Fall war, riet das DSMB zum Abbruch der Studie. Dem sind NIH und SAMRC jetzt gefolgt. Eine Publikation der Ergebnisse steht noch aus.
Zwei weitere multinationale Impfstoffstudien, Imbokodo und Mosaico, sollen fortgesetzt werden. An Mosaico nehmen Transgender-Personen und Männer, die Sex mit Männern haben, in Nordamerika und Europa teil. Imbokodo wird in Afrika südlich der Sahara an Frauen mit einem erhöhten Infektionsrisiko durchgeführt. In beiden Studien kommt ein sogenannter Mosaik-basierter Impfstoff („Ad26.Mos4.HIV“) zum Einsatz. Ergebnisse werden für 2023 erwartet.
Das NIH prüft derzeit in klinischen Studien, ob eine Behandlung mit breitneutralisierenden Antikörpern Menschen vor einer Infektion schützen kann. Das Konzept wird als AMP („Antibody Mediated Prevention“) bezeichnet.
In zwei weiteren Studien wird eine HIV-Prävention mit dem langwirksamen injizierbaren antiretroviralen Wirkstoff Cabotegravir untersucht. Weitere Projekte betreffen Implantate mit langwirksamen Wirkstoffen, Vaginalringe, Kombinationen mehrerer breitneutralisierender Antikörper sowie „Mehrzweck“-Produkte, die eine HIV-Prävention mit einer Empfängnisverhütung verbinden sollen. © rme/aerzteblatt.de
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