Politik
Nationales Gesundheitsportal soll im Sommer online gehen
Mittwoch, 5. Februar 2020
Berlin – Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will Mitte dieses Jahres das nationale Gesundheitsportal freischalten, das qualitätsgesicherte und evidenzbasierte Gesundheitsinformationen enthalten soll.
Im Zusammenhang mit der Gründung der „Allianz für Gesundheitskompetenz“ im Jahr 2017 hatte der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Einrichtung eines solchen Portals angekündigt, auf dem „unabhängige, wissenschaftlich belegte und leicht verständliche Gesundheitsinformationen“ zusammengefasst sind.
„Wir wollen mit dem nationalen Gesundheitsportal einen zentralen Beitrag dazu leisten, dass Gesundheitsinformationen im Internet leichter zu finden und als seriöse Quelle zu erkennen sind“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im BMG, Sabine Weiss, gestern auf der BMG-Fachtagung „Gesundheitskompetenz im digitalen Zeitalter“.
Es solle zunächst mit ausgewählten Bereichen begonnen werden, die dann weiter ausgebaut werden würden. „Wir werden mit einer kleinen Anzahl an wissenschaftlichen Partnern starten“, sagte Weiss: mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und dem Robert-Koch-Institut.
Nach und nach werde der Kreis der Partner erweitert werden. Weiss erklärte, dass der Bundestag bereits die erforderlichen Haushaltsmittel für die Einrichtung des nationalen Gesundheitsportals zur Verfügung gestellt habe. Es gebe ein neues, eigenes Referat, das sich nur darum kümmern werde.
Digitalisierung verschärft das Problem
Eine im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichte Studie hatte ebenfalls im Jahr 2017 ergeben, dass 54 Prozent der Deutschen nach eigener Ansicht über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz verfügen.
Auch vor diesem Hintergrund haben Experten im Jahr 2018 den Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz veröffentlicht, der 15 Empfehlungen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung enthält.
„Bei der Gesundheitskompetenz geht es darum, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und ins eigene Handeln zu übersetzen“, erklärte Weiss. „Hier hapert es in unserem Land mächtig.“
Dabei betreffe die fehlende Gesundheitskompetenz vor allem Menschen mit einem geringen Bildungsniveau sowie Menschen mit Migrationshintergrund und generell vulnerable Gruppen.
Das Problem verschärfe sich noch durch die Digitalisierung, die das Gesundheitssystem noch komplexer mache. Die Digitalisierung habe zu einer ungeheuren Informationsfülle geführt.
Digitalisierung löst nicht alle Versorgungsprobleme
„Wir müssen uns die Frage stellen, wozu die digitale Kompetenz dienen soll“, betonte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, auf der Fachtagung des BMG. In erster Linie gehe es darum, das eigene Verhalten so zu verändern, dass die Gesundheit erhalten und eine Krankheit vermieden werde. Das zweite Ziel sei es, die Compliance bei der Therapie zu verbessern.
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, betonte, dass es bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen um eine „digitale Transformation“ und nicht um eine „Digitalisierung analoger Prozesse“ gehen müsse.
„Beim elektronischen Rezept kann ich den Quantensprung in der Versorgung noch nicht so richtig erkennen“, sagte Gassen. „Bei dem einen bekomme ich ein Papierrezept, das ich in der Apotheke einlöse, und beim anderen einen QR-Code. Ich weiß nicht, ob das die Versorgung so voranbringt.“ Ohnehin sei es ein Irrglaube, das die Digitalisierung zur Lösung aller Versorgungsprobleme führe.
Menschen in ihren Netzwerken erreichen
Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss, betonte: „Das nationale Gesundheitsportal ist ein Riesenschritt in die richtige Richtung. Denn durch das Portal haben wir eine Quelle mit Informationen, auf die wir uns verlassen können.“ Damit sei die große Verantwortung verbunden, dass die Informationen unabhängig und valide sein müssten.
„Die digitale Transformation ist eine strukturelle Veränderung, die Kommunikation mit den Patienten bedeutet“, erklärte sie. „Das zieht höhere Anforderungen an Ärzte und Pflegekräfte nach sich, was die Kommunikation anbelangt.“
Der Bundesgeschäftsführer der BAG Selbsthilfe, Martin Danner, meinte, ein Internetportal, das die Bürger von sich aus aufsuchen müssten, sei „so 90er“. Er befürwortete, die Informationen für die einzelnen Patienten über die elektronische Patientenakte zu transportieren.
Zudem müsse man versuchen, die Menschen in den Netzwerken zu erreichen, in denen sie sich bewegten. „Wenn man Informationen zum Beispiel an junge Menschen herantragen will, muss man dorthin gehen, wo die jungen Menschen sind, zum Beispiel auf Youtube-Kanäle“, meinte Danner. © fos/aerzteblatt.de

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