Ausland
Unicef kritisiert Genitalverstümmelung durch Mediziner
Donnerstag, 6. Februar 2020
New York/Genf – Bei einem Viertel aller genitalverstümmelten Mädchen und Frauen weltweit, derzeit 52 Millionen Betroffenen, ist der Eingriff durch medizinisches Personal ausgeführt worden. Das geht aus einer Analyse des UN-Kinderhilfswerks Unicef hervor, am heutigen Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung veröffentlicht wurde.
Unter den 15- bis 19-jährigen Frauen liege der Anteil sogar bei 34 Prozent. Insbesondere in Ägypten und im Sudan erfolge die Operation, bei der die Klitoris ganz oder teilweise entfernt wird, in vier Fünfteln der Fälle unter medizinischer Aufsicht.
„Verstümmelung durch Ärzte ist immer noch Verstümmelung“, erklärte die Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. „Diese Praxis medizinisch durchzuführen, macht sie weder sicher noch moralisch noch vertretbar.“ Genitalverstümmelung verletze fundamentale Rechte der Mädchen und Frauen und schädige ihre Gesundheit und Psyche dauerhaft.
Die Praxis ist in Ländern in Afrika, im Nahen Osten und etwa in Indonesien in Asien verbreitet. In Ländern wie Somalia, Guinea und Dschibuti werden nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef mehr als 90 Prozent der Mädchen beschnitten. Dabei werden den meisten im Alter von vier oder fünf Jahren die äußeren Geschlechtsorgane teilweise oder vollständig entfernt.
Insgesamt leben nach Schätzungen mehr als 200 Millionen Mädchen und Frauen mit verstümmelten Genitalien in etwa 30 Ländern. Seit 1997 hätten in Afrika und im Nahen Osten 26 Länder die Praxis verboten, sie sei aber weiter weit verbreitet.
Nach Angaben von Unicef wächst unter Frauen und Mädchen der am stärksten betroffenen Länder aber auch der Widerstand gegen die grausame Tradition. Dies zeigten neue Analysen. Dennoch bleiben die Zahlen weltweit hoch. Allein 2020 seien vier Millionen Mädchen weltweit in Gefahr, beschnitten zu werden.
Auch eine hohe Belastung für Gesundheitssysteme
Komplikationen durch die Genitalverstümmelung bei Mädchen sind nicht nur für die betroffenen traumatisch, sondern auch eine schwere Belastung für die Gesundheitsbudgets der Länder, wo diese Praxis verbreitet ist. Darauf wies die Weltgesundheitsorganisation (WHO) heute hin.
Jedes Jahr müssten aufgrund der Komplikationen 1,4 Milliarden Dollar (knapp 1,3 Milliarden Euro) aufgebracht werden, schreibt die WHO. In einigen Ländern mache das 30 Prozent des Gesundheitsbudgets aus.
„Genitalverstümmelung ist nicht nur eine katastrophale Verletzung der Menschenrechte, die die körperliche und geistige Gesundheit von Millionen Mädchen und Frauen schwer beeinträchtigt“, sagte der zuständige WHO-Direktor Ian Askew. „Es ist auch ein volkswirtschaftlicher Schaden.“ Es müsse mehr investiert werden, um die Praxis zu stoppen.
Betroffene Mädchen und Frauen erleben demnach lebensgefährliche Infektionen und Blutungen. Viele sterben bei dem oft unter unhygienischen Umständen durchgeführten Gewaltakt.
Viele entwickelten zudem lebenslange chronische Probleme, hätten Schmerzen während der Menstruation, beim Urinieren und beim Geschlechtsverkehr sowie Komplikationen bei der Geburt. © dpa/kna/aerzteblatt.de

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