Politik
Straffes Arbeitsprogramm für den Gemeinsamen Bundesausschuss
Montag, 10. Februar 2020
Berlin – Die Mitglieder und die unparteiischen Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erwarten auch 2020 ein intensives Arbeitsprogramm mit kontroversen Debatten und Diskussionen – auch mit Vertretern aus der Gesundheitspolitik.
„Man muss sich fragen, wie der Begriff ‚funktionieren‘ eines Gremiums in der Gesundheitspolitik ausgelegt wird. Schnell oder mit ausführlichem Diskurs?“, fragte der unparteiische Vorsitzende Josef Hecken, bei der Vorstellung des Arbeitsprogramms des Gremiums für 2020 vor Journalisten.
Dabei spielte er besonders auf die Debatte im vergangenen Jahr zur Rechts- und Fachaufsicht durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) an. Aber, so Hecken mit Augenzwinkern: den G-BA gibt es noch und Anfang 2019 war unklar, ob die kaputte Heizung hier im neuen Gebäude oder die Diskussion um die Liposuktion schlimmer war.“
Neben der heftigen Debatte um die Liposuktion, die Bedarfsplanung, die Richtlinie zur Personalausstattung in der Psychiatrie und Psychosomatik (PPP) oder auch zu dem Nicht-Invasiven-Test bei Trisomien, bereitet sich das Gremium auch für dieses Jahr auf ähnlich intensive Debatten und Arbeitssitzungen vor, berichtete Hecken.
Dazu zählen vor allem Vorgaben aus den Gesetzen von 2019: Laut dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) soll der G-BA die Anforderungen für eine anwendungsbegleitende Datenerhebung durch den Hersteller speziell bei Orphan Drugs entwickeln. Die Regelungen sollen in den kommenden Monaten beschlossen werden.
Laut GSAV soll der G-BA bei seinen Beratungsgesprächen zur zweckmäßigen Vergleichstherapie künftig auch Fachgesellschaften sowie die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) mit einbeziehen, „schriftlich“ wie es im Gesetz heißt.
Kosten für Studien sorgen für Ärger
Auch wird das Gremium eine neue Richtlinie zu Qualitätsanforderungen bei neuartigen Therapien, sogenannte Advanced Therapie Medical Products (ATMP), sektorenübergreifend erarbeiten. Dabei geht es um Gentherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte.
Aus der Kritik im Jahr 2019 rund um die Liposuktion bei Lipödem ist auch die gesetzliche Vorgabe entstanden, dass künftig der G-BA selbst Erprobungsstudien für neuartige Methoden beauftragen kann. Diese Studienkosten, die bislang vom Hersteller bezahlt wurden, könnten den G-BA bis zu 23 Millionen Euro kosten.
Dies ärgert besonders die Vertreter des GKV-Spitzenverbandes im G-BA, da nun die Organisation von Studien auf den G-BA verteilt werden und die Finanzierung bei den Beitragszahlern abgelagert wird. „Dabei sind wir ja nicht die Erfinder einer neuen Methode“, so Bernhard Egger, Leiter der Abteilung Medizin beim GKV-Spitzenverband.
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Zusätzlich wird sich der G-BA mit dem in der Vergangenheit heiklen Thema Mindestmengen beschäftigen. Dabei geht es um Mindestmengen bei Leber- sowie Nierentransplantation, komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus sowie dem Pankreas und beim Aufnahmegewicht von Frühgeborenen.
In dem Bereich Qualitätssicherung, der von der Unparteiischen Elisabeth Pott betreut wird, fallen auch die Weiterentwicklung der Planungsrelevanten Qualitätsindikatoren, sowie die Nutzung von Patientenbefragungen bei der Bewertung der Qualität von medizinischen Leistungen.
Nach der kontroversen Entscheidung über die Richtlinie zur Personalausstattung in der Psychiatrie und Psychosomatik (PPP) soll „im Laufe des Jahres“ die Richtlinie weiterentwickelt und angepasst werden. Dazu gehört auch die Zahl der auf Stationen vorzuhaltenden Psychotherapeuten, wie der G-BA-berichtet.
In den Arbeitsbereich von Pott fallen auch die Weiterentwicklung der Ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) sowie das Disease-Management-Programme (DMP).
Unzufrieden mit der ASV-Entwicklung
Besonders mit der Entwicklung der Zahl der ASV-Teams ist G-BA-Vorsitzender Hecken unzufrieden: „Egal was wir beschließen, es funktioniert nicht. Auch in Bereichen in denen wir besonders viele Teams haben sollten, passiert wenig.“ Aber man wolle weitere daran arbeiten.
Auch fehlen bei Entscheidungen vom vergangenen Jahr noch Details: So wird die bei der nichtinvasiven Pränataldiagnostik (NIPD) dazugehörige Patienteninformation Ende 2020 vom Gremium verabschiedet. Dazu kommen die Bewertungen von weiteren biomarkerbasierten Tests bei der Entscheidung für oder gegen eine adjuvante systemische Chemotherapie.
Auch die Ausgestaltung der Bedingungen bei der Kryokonservierung für junge Erwachsene stehen für April auf der Tagesordnung. Für Monika Lelgemann, als unparteiisches Mitglied zuständig für die Methodenbewertung, ist es ein positives Signal, dass der G-BA im vergangenen Jahr bei einigen, langwierigen Verfahren „aufräumen konnte.“ Dies soll auch 2020 weiter gehen.
Neu werden die Herausforderungen für den G-BA auch durch mehr digitale Versorgungselemente: So wird der G-BA die Bedingungen für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erstellen. Auch soll erarbeitet werden, welche Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs) künftig in den DMP-Programmen angewendet werden können. Der G-BA wird laut dem Digitalen Versorgungsgesetz für Apps und digitale Anwendungen der Medizinprodukteklasse IIa zuständig sein. © bee/aerzteblatt.de

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