Medizin
Remdesivir schützt Rhesus-Affen vor Mers
Freitag, 14. Februar 2020
Hamilton/Montana – Das Virustatikum Remdesivir, das derzeit in China in klinischen Studien zur Behandlung von Covid-19 erprobt wird, könnte auch eine präventive Wirkung haben. Rhesusaffen wurden nach den jetzt in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS 2020; doi: 10.1073/pnas.1922083117) vorgestellten Studienergebnissen durch die prophylaktische Gabe von Remdesivir vor einer Ansteckung mit dem Mers-CoV geschützt. Bei einer postexponentiellen Anwendung wurde das Ausmaß der Lungenschäden begrenzt.
Remdesivir (GS-5734) wurde ursprünglich zur Behandlung von Erkrankungen durch Ebola- und Marburgviren entwickelt. Das Prodrug hemmt nach seiner Aktivierung eine Polymerase, die auch von Coronaviren zur Replikation benutzt wird. Frühere Studien an Mäusen hatten gezeigt, dass Remdesivir auch bei Infektionen mit dem Sars-CoV and dem Mers-CoV wirksam ist.
Der noch nicht zugelassene Wirkstoff wird bei der derzeitigen Epidemie mit dem neuartigen Sars-CoV-2 (vormals 2019-nCoV) gelegentlich als Heilversuch eingesetzt, so etwa bei dem ersten US-Patienten. Dieser soll sich schon am nächsten Tag von der Erkrankung erholt haben, was allerdings noch kein Beweis für die Wirksamkeit ist. In China laufen derzeit 2 randomisierte Studien an Covid-19-Patienten.
Ein Kennzeichen der neuen Coronaviren ist wie schon bei Sars-CoV and Mers-CoV ein hohes Risiko von nosokomialen Infektionen. Betroffen ist vor allem das medizinische Personal, das bei notwendigen Untersuchungen mit dem Virus exponiert wird. In China sollen sich bereits mehr als 1.700 Ärzte und Pflegekräfte infiziert haben.
Die Experimente, die Emmie de Wit vom US-National Institute of Allergy and Infectious Diseases und Mitarbeiter in einem Hochsicherheitslabor in Hamilton/Montana an Rhesusaffen durchgeführt haben, könnten deshalb von klinischer Relevanz sein.
Die Forscher haben 6 Rhesusaffen 24 Stunden vor einer absichtlichen Infektion mit Mers-CoV mit Remdesivir behandelt. Weitere 6 Tiere wurden 12 Stunden nach einer Infektion mit dem Virus behandelt. Eine 3. Gruppe von 6 Tieren blieb unbehandelt.
Während alle Tiere der Kontrollgruppe an Mers erkrankten, blieben die Rhesusaffen, die prophylaktisch Remdesivir erhalten hatten, gesund. Die Tiere, die postexponentiell behandelt wurden, erkrankten zwar, die Erkrankung verlief jedoch relativ mild.
Auch die röntgenologischen Befunde wurden durch die prophylaktische Gabe und durch die postexponentielle Behandlung spürbar abgeschwächt. Die Viruslast in den Lungen war nach der prophylaktischen Gabe um 2,5 bis 4 Log-Einheiten geringer.
Bei der Nekropsie der Tiere waren die Lungen der prophylaktisch behandelten Tiere ohne Zeichen einer Pneumonie, nach der postexponentiellen Behandlung waren deutlich weniger Lungenareale befallen als in der Kontrollgruppe.
Da Mers-CoV eng mit Sars-CoV-2 verwandt ist, deuten die Ergebnisse auf eine mögliche Schutzwirkung durch Remdesivir hin. Ob es das Personal von Kliniken schützen könnte, die Patienten mit Covid-19 behandeln, ist nicht bekannt.
Die Verträglichkeit von Remdesivir ist erst ansatzweise untersucht. In der klinischen Studie, die Remdesivir im Kongo bei Ebola-Patienten untersucht hat, ist es laut den im letzten Jahr publizierten Ergebnissen in einem Fall zu einem Blutdruckabfall und anschließendem Herzversagen gekommen, wobei unklar blieb, ob es sich um eine Nebenwirkung oder eine Folge der schweren Infektion handelte. © rme/aerzteblatt.de

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