Medizin
Journal der US-Kardiologen zieht Studie zu E-Zigaretten zurück
Montag, 24. Februar 2020
Dallas – Das Journal of the American Heart Association (JAHA) hat eine Studie von US-Forschern zu den Risiken von E-Zigaretten zurückgezogen. Ein Forscherteam der Universität in San Francisco hatte im Juni berichtet, dass Nutzer von E-Zigaretten ein erhöhtes Herzinfarktrisiko haben. Jetzt stellte sich heraus, dass viele Herzinfarkte bereits vor der ersten E-Zigarette aufgetreten waren.
Dharma Bhatta und Stanton Glantz hatten die Daten der PATH-Studie („Population Assessment of Tobacco and Health“) ausgewertet, in der die Arzneimittelbehörde FDA derzeit die Folgen des Rauchens auf die Gesundheit untersucht. Angesichts ihrer zunehmenden Popularität wurden auch E-Zigaretten in die Studie einbezogen.
Die beiden Forscher hatten berichtet, dass tägliche Nutzer von E-Zigaretten 2 Mal häufiger als Nichtnutzer angegeben hatten, schon einmal einen Herzinfarkt erlitten zu haben. Bhatta und Glantz ermittelten eine Odds Ratio von 2,25, die mit einen 95-%-Konfidenzintervall von 1,23 bis 4,11 signifikant war.
Die Assoziationen waren wohl korrekt berechnet, die Forscher hatten jedoch übersehen, dass die meisten der 38 Herzinfarkte, die die Nutzer bei der Befragung angegeben waren, bereits aufgetreten waren, bevor die Raucher angefangen hatten, E-Zigaretten zu verwenden. Auf diesen Fehler hatte schon bald nach der Publikation Brad Rodu, der an der Universität von Louisville in Kentucky zu den Folgen des Rauchens forscht, hingewiesen, worüber zuerst die Boulevardzeitung USA Today berichtet hatte.
Die JAHA veröffentlichte im November eine Korrektur, in der es allerdings nur um formelle Probleme ging. Bhatta und Glantz hatten es versäumt, die Genehmigung eines „Interuniversity Consortium for Political and Social Research“ an der Universität von Michigan einzuholen, die die PATH-Daten verwaltet.
Im Januar hatte eine Gruppe von Forschern in einem Brief an die American Heart Association weitere Korrekturen gefordert. In der Zwischenzeit hatte das Journal die Daten prüfen lassen. Dabei bestätigten sich offenbar die Vorwürfe. Die Zeitschrift bat daraufhin Bhatta und Glantz, neue Berechnungen durchzuführen, und setzte ihnen eine Frist. Diese Frist ließen die beiden Forscher verstreichen.
Zur Begründung führten sie an, dass sie keinen Zugang mehr zu den an der Universität von Michigan verwalteten Daten hätten. Bhatta und Glantz erklärten, dass sie weiterhin von den Ergebnissen der Studie überzeugt seien. Glantz ist Leiter des Center for Smoking Cessacion an der Universität von San Francisco und gilt als einer der prominentesten „Tabakgegner“ im Land. © rme/aerzteblatt.de
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Das Ärzteblatt hat eine besondere Verantwortung
Die Studie hat tatsächlich nicht den geringsten Hinweis darauf gefunden, dass E-Zigarettennutzer ein höheres Risiko für Herzinfarkte haben. Und das hätte man ohne Probleme selber feststellen können. Es hätte sich nur einer die Mühe machen müssen, die Arbeit erst mal selber zu lesen, bevor sie im Ärzteblatt kritiklos wiedergegeben wird. Dadurch wurden leicht zu enttarnende Falschinformationen vom Ärzteblatt geadelt.
Ungeprüft irgendeinen Unsinn zu veröffentlichen mag bei Bild, Focus und Co. gang und gäbe sein. Aber für ein Medium wie dem Ärzteblatt sollten doch höhere Maßstäbe gelten.
Eine interessante Frage dürfte nun sein, ob irgendwer gewillt ist, aus dieser Sache zu lernen.
Nebenbei bemerkt: Das ist nicht die einzige Studie zum Thema E-Zigarette, die man sich mal genauer angucken sollte. Besonders die Arbeiten von Stanton Glantz sind nicht erst jetzt einen prüfenden Blick wert.
Sehr geehrter Vapoon,
wir haben einzeln über die zurückgezogene Studie nicht berichtet.
beste Grüße
Redaktion DÄ

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