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Intensivmediziner wollen praktikable Quarantäne­regelungen für medizinisches Personal

Dienstag, 10. März 2020

/Sabphoto, stock.adobe.com

Berlin – Die Kritik an den Quarantäneempfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) für medizinisches Personal reißt nicht ab. Die strikte Beachtung der Vorgaben würde „zu ei­nem Kollaps der Gesundheitsversorgung durch Krankenhäuser und Arztpraxen führen“, warnte jetzt die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallme­di­zin (DGIIN).

Ihre Forderung: Asymptomatische Kontaktpersonen sollen unter klar geregeltem Schutz und Überwachungsmaßnahmen weiterhin an der Patientenversorgung teilnehmen können. Bereits in der vergangenen Woche hatten Ärztevertreter das RKI aufgefordert, die Quaran­täneempfehlungen für medizinisches Personal zu lockern.

Das RKI hält jedoch an seinen Empfehlungen fest: Die Empfehlung zur häuslichen Qua­ran­täne gelte schließ­lich nur für diejenigen, die engen (≤ 2 Meter) ungeschützten Kontakt zu einem bestä­tigten COVID-19-Fall im Rahmen der Pflege oder medizinischen Untersu­chung gehabt hätten.

Doch eben diese Regelung wird nun von der DGIIN als „nicht praktikabel“ kritisiert: Mit­arbeitende in der Notfallaufnahme kämen beispielweise im Laufe eines Arbeitstages mit einem großen Personenkreis des übrigen dort tätigen medizinischen Fachpersonals in Kontakt. Dies sei auch dann der Fall, wenn eine COVID-19-Erkrankung bei einem Mitar­bei­ter (oder Patienten) noch nicht erkannt und diagnostiziert sei.

„Kommt es dann zu einer nachgewiesenen Infektion mit SARS-CoV-2 und nachfolgender COVID-19-Erkrankung müssten laut aktuellen Empfehlungen des RKI alle Kontaktper­so­nen ebenfalls in Quarantäne“, so die Fachgesellschaft. „Ein solcher Ausfall kann aufgrund der ohnehin schon dünnen Personaldecke nicht kompensiert werden“, gibt Stefan John, Präsident der DGIIN, zu bedenken.

Vor diesem Hintergrund hat es in der jüngsten Vergangenheit bereits Abweichungen von der Empfehlung des RKI gegeben. In Abstimmung mit den lokalen Gesundheitsbehörden haben sich Krankenhäuser nicht nur der Maximalversorgung für ein anderes Vorgehen ent­schieden, um die Sicherheit der zum Teil kritisch erkrankten Patienten durch Ausfall von ganzen Belegschaften nicht zu gefährden.

Vorschlag für neue Handlungsempfehlungen

Doch: „Solche Abweichungen können zur Verunsicherung der Bevölkerung und des medi­zi­nischen Personals beitragen“, erklärte John, der am Klinikum Nürnberg den Funktions­bereich Intensivmedizin leitet.

Die DGIIN schlägt daher folgende Handlungsempfehlungen vor:

  • Asymptomatisches medizinisches Personal der Kategorie I des RKI muss nach Kon­takt mit einer SARS-CoV-2-positiven Person unverzüglich auf SARS-CoV-2 getestet werden. Bei fehlenden Symptomen oder sonstigen Zeichen einer Infektion kann die betreffende Person zunächst weiter bis zum endgültigen negativen Testergebnis arbeiten.
  • Die Kontaktperson muss bei der weiteren Arbeit jedoch einen Mund-Nasen-Schutz tragen.
  • Weiterhin sollte zweimal pro Tag Fieber gemessen und ein Gesundheitstagebuch geführt werden mit einer Dokumentation des allgemeinen Befindens.
  • Die Kontaktpersonen werden außerdem gebeten, auch im häuslichen Umfeld Hy­gie­nemaßnahmen einzuhalten und auf den Besuch von größeren öffentlichen Ver­anstaltungen zu verzichten.
  • Zudem muss alle zwei bis drei Tage ein Test der Person auf das Virus erfolgen.

Sobald das Virus bei einer Kontaktperson nachgewiesen werde, müsse natürlich eine häusliche Quarantänestellung erfolgen, betonte John. Und dies gelte auch für Kontakt­personen, die plötzlich Symptome zeigten.

Spahn: Gute Intensivmedizin

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht nach eigener Einschätzung Deutsch­land unterdessen im Kampf gegen das Virus medizinisch besser aufgestellt als andere europäische Länder.

In den deutschen Krankenhäusern gebe es 28.000 Intensivplätze, davon seien 25.000 mit Beatmungsmöglichkeiten ausgerüstet, sagte Spahn heute nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag in Berlin. Dies sei mehr als in anderen EU-Ländern.

Spahn sagte nach diesen Angaben, ein Anteil von ein bis drei Prozent der Infizierten müsse auf einer Intensivstation behandelt werden – und davon wiederum müsse ein Teil beatmet werden. Er unterstrich in diesem Zusammenhang, irgendwann werde der Punkt erreicht, an dem das Gesundheitssystem seine Ressourcen konzentrieren müsse. © nec/dpa/aerzteblatt.de

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