Politik
Coronakrise: Krankenhäuser fordern Aussetzung des DRG-Systems bis zum Jahresende
Donnerstag, 19. März 2020
Berlin – Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, hat im Rahmen der Diskussion über einen finanziellen Schutzschirm für die deutschen Krankenhäuser in der Coronakrise ein pauschales Budget für den Rest des Jahres gefordert.
Die Pauschale solle sich vor allem aus dem Budget des letzten Jahres plus einem Versorgungssicherungspuffer in Höhe von fünf Prozent zusammensetzen, sagte Baum heute auf dem Virtuellen DRG-Forum. Der entsprechende Betrag soll dann von April bis Dezember 2020 bezahlt werden. „Dann muss niemand warten, bis die Fallpauschalen erbracht und abgerechnet sind“, sagte Baum. „Und der akute Liquiditätsbedarf der Krankenhäuser wäre gedeckt.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Bundesländer haben die Krankenhäuser in der vergangenen Woche aufgefordert, alle planbaren Leistungen, soweit medizinisch vertretbar, zu verschieben, um Kapazitäten für die Behandlung von COVID-19-Patienten freizumachen.
Da den Krankenhäusern dadurch viele Erlöse entgehen, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in einem Brief an die Geschäftsführer der deutschen Krankenhäuser erklärt, die Bundesregierung werde „sehr zügig“ gesetzliche Maßnahmen einleiten, die gewährleisten, dass kein Krankenhaus durch die Coronakrise in ein Defizit rutsche. Wie genau diese Maßnahmen aussehen sollen, wird derzeit hinter den Kulissen diskutiert.
„Alle Krankenhäuser leisten ihren Beitrag“
„Wir sind mit dem Bundesgesundheitsministerium im Dialog“, erklärte Baum. „Der Minister will in den nächsten 14 Tagen die Gesetzgebung abgeschlossen haben, also müssen wir schnell eine Abklärung hinkriegen.“ Nach Informationen des Deutschen Ärzteblattes soll ein entsprechendes Gesetz bereits Ende dieser Woche vorliegen und dann in der kommenden Woche vom Bundestag verabschiedet werden.
Baum sprach sich dagegen aus, die Leistungen der Krankenhäuser einzeln abzurechnen. „Es wäre sehr schwer, eine Spitzabrechnung zu organisieren“, betonte er. Denn zum einen sei dies sehr bürokratieintensiv. Und zum anderen würde das zusätzliche Personal, das jetzt zum Einsatz komme, in den einzelnen DRGs nicht nachgehalten. Baum forderte, „alles an regulativem Überbau im System“ müsse für dieses Jahr ausgesetzt werden, zum Beispiel die Datenerhebung im Bereich der externen stationären Qualitätssicherung.
Baum betonte, dass jetzt alle Krankenhäuser ihren Beitrag leisteten. „Es wäre falsch, den Fokus nur auf die Krankenhäuser mit Intensivbetten zu legen“, sagte er. Denn das ganze System müsse jetzt reagieren. So würden auch die Reha-Kliniken gebraucht, entweder um Personalkapazitäten freizumachen oder um andere Patienten zu versorgen.
„Reha-Kliniken stehen vollumfänglich zur Verfügung“
Die Präsidentin des Vorstands des Bundesverbandes der Deutscher Privatkliniken (BDPK), Katharina Nebel, betonte, dass unter den Mitgliedern des BDPK die Bereitschaft bestehe, dem System vollumfänglich zur Verfügung zu stehen.
„Es ist denkbar, dass wir den Akutkrankenhäusern zum Beispiel dadurch helfen, dass wir ihnen frühzeitig Patienten abnehmen, zum Beispiel immunsupprimierte Patienten, die sich nicht mit dem Coronavirus anstecken dürfen“, sagte Nebel, die auch Geschäftsführerin der Weserland-Kliniken ist, die sechs Reha-Einrichtungen umfassen.
„Oder wir verwandeln Reha-Kliniken komplett in Kliniken, in denen Coronapatienten behandelt werden, die nicht beatmungspflichtig sind.“ Dafür müssten jedoch zunächst die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden.
„Von den 1.000 Betten in unserem Unternehmen können wir bis zu 500 Betten zur Verfügung stellen“, erklärte Nebel. „Das haben wir auch auf die Anfrage geantwortet, die wir vom Kreis bekommen haben. Unsere Mitarbeiter und das Schutzmaterial würden dafür nicht ausreichen, aber wir haben gut ausgebildetes Personal, das im Drei-Schicht-System arbeitet. Wir könnten sofort beginnen.“
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GKV-Spitzenverband schlägt monatliche Abschlagszahlungen vor
Anfang der Woche hatte auch der GKV-Spitzenverband einen Vorschlag gemacht. „Der GKV-Spitzenverband schlägt vor, den Kliniken monatliche Abschlagszahlungen zur Liquiditätssicherung zu garantieren“, heißt es in einem Positionspapier. „Neben der normalen Krankenhausrechnung können Krankenhäuser in Höhe des Einnahmeausfalls Abschlagszahlungen abrufen.“ Diese sollten sich am aktuellen Budget des Krankenhauses orientieren.
Zusätzlich könnten Gelder für erhöhte Materialkosten und Kosten für den Aufbau weiterer Intensivbehandlungsplätze abgerufen werden. Nach Informationen des Deutschen Ärzteblattes sollen die monatlichen Abschlagszahlungen nun in einem Gesetzesvorschlag kommen. Ebenso soll das Budget für die Krankenhäuser gesichert sein, berechnet auf der Basis des Gesamtbetrages für die Jahre 2018 und 2019.
Diese monatlichen Abschlagszahlungen soll es offenbar jeweils zum 20. Tag eines Monats von der federführenden Krankenkasse für das jeweilige Bundesland geben, hieß es aus internen Verhandlungen. Dazu komme, dass ab dem 1. April alle Krankenhausrechnungen innerhalb von fünf Tagen bezahlt werden sollen.
Oftmals klagen Krankenhäuser darüber, dass Krankenkassen mehrere Wochen offene Rechnungen nicht bezahlen. Auch habe man sich offenbar auf einen Cornona-Zuschlag von 160 Euro pro Krankenhausfall geeinigt. © fos/bee/aerzteblatt.de

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