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Politik

Bundesrat billigt Krankenhaus­entlastungsgesetz

Freitag, 27. März 2020

/dpa

Berlin – Der Bundesrat hat heute in Berlin das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz gebilligt. Mit dem Gesetz werden unter anderem die finanziellen Ausfälle refinanziert, die die Krankenhäuser durch die Verschiebung planbarer Eingriffe erleiden. Zudem wird die Liquidität der Krankenhäuser erhöht und die Dokumentationspflicht reduziert.

So ist mit dem Gesetz zum Beispiel vorgesehen, dass Krankenhäuser 560 Euro für jedes Bett erhalten, das sie durch die Verschiebung elektiver Leistungen nicht belegen. Für je­des zusätzlich zur Verfügung gestellte Intensivbett mit Beatmungskapazitäten erhalten sie 50.000 Euro.

Ausgleichszahlungen bekommen auch Vertragsärzte, wenn es in ihren Praxen aufgrund eines Fallzahlrückgangs zu Umsatzminderungen kommt. Auch für die Behandlung von COVID-19-Patienten errichtete Schwerpunktambulanzen werden refinanziert, wenn diese eingerichtet wurden, um Patienten mit Atemwegserkrankungen von anderen Patienten zu trennen.

Im Bereich der Pflegeversicherung sieht das Gesetz eine Reihe von Möglichkeiten vor, die Prüfung von Pflegebedürftigkeit auszusetzen oder ohne persönliche Besuche zu entscheiden. Damit soll die vulnerable Personengruppe der Pflegebedürftigen vor zusätzlichen Ansteckungsgefahren durch das Coronavirus geschützt werden.

Reha-Kliniken werden auch berücksichtigt

Das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz war vorgestern vom Bundestag verab­schie­det worden. Im Vergleich zu der am Montag vom Bundeskabinett gebilligten Fassung wurden dabei noch Änderungen im Bereich der Vorsorge- und Reha-Einrichtungen auf­genommen.

Analog zu den Krankenhäusern erhalten auch Vorsorge- und Reha-Einrichtungen dem­nach Ausgleichszahlungen, wenn sie im Bereich der medizinischen Rehabilitation der Kranken­kassen Betten aufgrund der Coronakrise nicht wie geplant belegen können. Dabei beträgt die tagesbezogene Pauschale 60 Prozent des mit den Krankenkassen vereinbar­ten durchschnittlichen Vergütungssatzes.

Im ebenfalls heute vom Bundesrat gebilligten Sozialschutzpaket ist darüber ein Sicher­stellungsauftrag für die medizinischen Reha-Einrichtungen im Bereich der Rentenver­si­cherung vorgesehen. Dabei erhalten die Einrichtungen monatliche Zuschüsse in Höhe von 75 Prozent der durchschnittlichen monatlichen Zahlungen an die Einrichtungen in den letzten zwölf Monaten.

„Dieser Sicherstellungsauftrag ist dringend nötig“, kommentierte der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (DEGEMED), Christof Lawall. „Inzwischen gibt es in allen Reha-Einrichtungen in ganz Deutschland starke Belegungs­einbrüche. Ohne diesen Schutzschirm werden zahlreiche Anbieter in wenigen Tagen den Betrieb einstellen.“

Kritik äußerte er an der unterschiedlichen Umsetzung in den Bereichen Rente und Kran­kenversicherung. „Besser wäre ein einheitlicher Schutzschirm für alle Reha-Leistungen und -Einrichtungen mit einheitlichen Verfahren und Zuschüssen gewesen“, so Lawall.

Jetzt komme es vor allem auf das Tempo an. Die Zuschüsse müssten schnell, am besten schon ab der kommenden Woche, fließen, um die kurzfristige Liquidität der Reha-Einrichtungen zu sichern.

Mutter-Kind-Kliniken noch unter den Schutzschirm nehmen

Die Bundesregierung hatte am COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz nach massiver Kritik der Krankenhausträger und -verbände am vergangenen Wochenende zahlreiche Nachbesserungen im Vergleich zum ersten Entwurf des Gesetzes vorgenommen.

Zum Beispiel erhalten Krankenhäuser zwischen dem 1. April und dem 30. Juni nun 50 Euro zusätzlich pro Patient, zum Beispiel für die Finanzierung medizinischer Schutzaus­rüstung.

„Wir begrüßen, dass der Gesundheitsminister noch dringend notwendige Änderungen am Entwurf vorgenommen hat“, erklärte der Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Privatkliniken (BDPK), Thomas Bublitz. Durch die Änderungen sei die Versor­gung erst einmal gesichert.

„Nach wie vor fallen Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen für Mütter, Väter und Kin­der und auch die Privatkrankenanstalten nicht unter den Rettungsschirm der Bundes­regierung, obwohl sie von den Landesregierungen aufgefordert werden, ihre stationären Kapazitäten für die eventuelle Behandlung von Corona-Patienten freizuhalten“, kritisierte Bublitz. Dies müsse der Gesetzgeber noch ändern.

Johna: DRG-System muss ausgesetzt werden

Die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, kritisierte, dass die Politik nicht den Mut aufgebracht habe, das DRG-System vorübergehend auszusetzen. „Nur dadurch wäre auch die volle Dokumentationspflicht bei der Abrechnung hochkomplexer Behand­lungen entfallen“, betonte Johna. In der jetzigen Zeit kommt es vor allem darauf an, dass Ärzte sich ganz auf die Versorgung konzentrieren könnten und vor Ansteckung geschützt seien.

Die Abrechnung nach diagnosebezogenen Fallpauschalen tauge schon nicht für den Normalbetrieb, betonte Johna. In der Krise sei sie ein bürokratisches Monster, das die Arbeit im Krankenhaus unnötig erschwere.

„Vielen scheint nicht bewusst zu sein, an was Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte der­zeit alles denken müssen“, sagte Johna. „Jeder Zettel, der auszufüllen ist, jede überflüssi­ge Kodierung und jede Datenerfassung für verschiedene Verfahren der externen Quali­täts­messung raubt Zeit und hindert daran, das zu tun, was jetzt wirklich wichtig ist.“

Der Hartmannbund rief die Bundesregierung dazu auf, vertragsärztliche Praxen stärker als bisher bei wirtschaftlichen Einbußen durch die Coronakrise zu unterstützen. Es fehle den bisher beschlossenen Maßnahmen noch an der entscheidenden Durchschlagskraft, sagte der Vorsitzende des Hartmannbundes, Klaus Reinhardt.

„Die versprochene Kompensation der Einnahmeausfälle bei extrabudgetären Leistungen entpuppt sich bei genauerem Hinschauen als unverbindliche Kann-Regelung und die Ho­norarverteilungsmaßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigungen sind sowohl zeitlich als auch inhaltlich mehr als unbestimmt“, nannte er ein Beispiel.

Auch die derzeit dringend erforderliche Intensivierung der telefonischen Kontaktaufnah­me zwischen Arzt und Patient werde es ohne eine Erweiterung der telefonischen Abrech­nungsmöglichkeiten einschließlich verbesserter Honorierung und Gleichstellung mit Videokontakten nicht geben.

Als „zu wenig konsequent“ betrachtet Reinhardt auch die Schritte zur Entlastung des kli­nischen Personals von Bürokratie. „Es ist begrüßenswert, wenn durch die Verringerung der Prüfquote des MDK an dieser Stelle Belastung abgebaut werden soll. Noch besser wäre es, wenn man den Forderungen der Krankenhäuser entgegenkommen könnte, das DRG-System vorübergehend auszusetzen“, sagte Reinhardt. Schon in normalen Zeiten arbeiteten die Klinikärzte nicht zuletzt auch wegen des hohen Dokumentations­aufwan­des an der Belastungsgrenze. © fos/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #749951
WolfgangFunk
am Samstag, 28. März 2020, 09:02

Entlastung und MDK

Was wäre es, die Kollegen vom MDK in den Kliniken einzusetzen? Klares Win-Win! Denn wir hätten Hilfe (wenn auch praxisfern...) und die Kollegen könnten die Realität der Versorgung ein bisschen besser verstehen!
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