Politik
Regierung billigt Wiederverwendung von Schutzmasken in Ausnahmefällen
Donnerstag, 2. April 2020
Berlin – Der Krisenstab der Bundesregierung billigt in der aktuellen Versorgungskrise die Wiederverwendung von Schutzmasken in Ausnahmefällen, wenn nicht ausreichend Material zur Verfügung steht. Angesichts der Beschaffungsprobleme gelte es, „pragmatische und zielführende, aber dennoch sichere Lösungen zu finden“, hieß es gestern in einer gemeinsamen Erklärung der Bundesministerien für Gesundheit und für Arbeit.
Ziel sei, „die Versorgung des medizinischen Personals mit Atemschutzmasken mit Filterfunktion (FFP2 und FFP3) zu gewährleisten“. Vorgesehen ist, Atemschutzmasken mit Filterfunktion bis zu dreimal wiederzuverwenden. Dafür gelten eine Reihe von Sicherheitsauflagen, wie das ordnungsgemäße Personifizieren, Sammeln und Dekontaminieren der Masken durch Erhitzen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärten zu der Entscheidung: „Der Schutz des Personals im Gesundheits- und Pflegebereich hat oberste Priorität.“ Es sei gut, dass man schnell und vorausschauend eine sichere Lösung für mögliche Lieferengpässe finden konnte.
Spahn und Heil erklärten zudem, es würden gleichzeitig alle Anstrengungen unternommen, ausreichend neue Schutzmasken auf dem Weltmarkt zu ordern. Die Maßnahmen zur Wiederaufbereitung sind zunächst auf maximal sechs Monate befristet, um eigene Produktionskapazitäten in Deutschland aufbauen zu können.
Das Verfahren zur Wiederverwendung von Schutzmasken in Einrichtungen des Gesundheitswesens wurde unter Einbeziehung des Robert Koch-Instituts (RKI), des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA) entwickelt. Das am 31. März vom Krisenstab veröffentlichte Vorgehen sieht drei Kategorien für die Wiederaufbereitung und Wiederverwendung vor.
1. Mund-Nasen-Schutz (MNS)-Masken (auch: medizinische Gesichtsmasken, OP-Masken)
Für die Wiederaufbereitung von MNS-Masken wird eine Dekontamination durch Hitzeinaktivierung empfohlen, zum Beispiels mittels trockener Hitze bei 65-70 Grad Celsius für 30 Minuten.
Da MNS-Masken in erster Linie dem Fremdschutz dienen können sie im Stationsalltag, in Ambulanzen oder Pflegeeinrichtungen, auch ohne Dekontamination wiederverwendet werden. Voraussetzung ist der personalisierte Einsatz. Bei Einsätzen im OP oder bei interventionellen Eingriffen ist eine Wiederverwendung von MMS-Masken grundsätzlich nicht möglich.
2. FFP2/3-Masken mit CE-Kennzeichnung oder solche, die nach dem Prüfgrundsatz der Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik (ZLS) zugelassen sind
Sie können ebenfalls nach Hitzebehandlung wiederverwendet werden. Auch hier wird eine Dekontamination der Masken durch eine Hitzeinaktivierung von SARS-CoV-2 mittels trockener Hitze bei 65 bis 70 Grad Celsius für 30 Minuten empfohlen.
Diese Atemschutzmasken haben im Gegensatz zu MNS-Masken die Funktion, den Träger zu schützen. Sie sind zwingend erforderlich, um das medizinische Personal vor Aerosolen, welche bei der Behandlung von COVID-19-Patienten entstehen können, zu schützen.
Eine Wiederverwendung von FFP2/3-Masken ohne Dekontamination ist gemäß RKI-Empfehlung in bestimmten Fällen ebenfalls möglich, etwa eine patientenbezogene Wiederverwendung während einer Schicht.
Die Wiederverwendung gebrauchter Masken erfordert allerdings besondere Maßnahmen, wie zum Beispiel das Absetzen der Maske ohne Kontamination der Innenseite und des Gesichtes und die richtige Lagerung zwischen den Einsätzen.
3. FFP2/3-Masken aus den USA, Kanada, Australien oder Japan
Diese Masken müssen vor der Wiederaufbereitung entsprechend Kategorie 2 einem Schnelltest zur Temperaturbeständigkeit unterzogen werden. Masken chinesischer Herkunft, die bei Importen aktuell den größten Mengenanteil ausmachen, fallen in die Kategorie 2, können also nach Hitzebehandlung wiederverwendet werden.
zum Thema
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Medienberichten zufolge gehen Bundesländer derzeit zunehmend wieder dazu über, Schutzkleidung eigenständig zu bestellen – und machen sich gegenseitig sowie dem Bund damit zusätzlich Konkurrenz.
Rheinland-Pfalz unternehme alles, um insbesondere Medizin- und Pflegeeinrichtungen „durch eigene Ankaufaktivitäten auf dem Weltmarkt zu unterstützen“, teilte die Landesregierung laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung mit.
Auch von Bremen werden demnach wieder Masken und andere Ausrüstung bestellt, weil „die Lieferungen über den Bund geringer ausgefallen sind, als erhofft und benötigt“. Auch Krankenhäuser, Apotheken, Wohlfahrtsverbände und Pflegedienste wollen dem Bericht zufolge nicht länger auf staatliche Zuteilungen warten, sondern prüften ebenfalls, was der Markt noch hergibt. © nec/aerzteblatt.de

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