Medizin
Hohe Dunkelziffer: Zahl der Infizierten in Deutschland möglicherweise schon bei 460.000
Donnerstag, 9. April 2020
Göttingen –Nach Berechnungen von Göttinger Forschern hatten sich in Deutschland unter Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer bereits bis Ende März mehr als 460.000 Menschen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert. Bislang seien schätzungsweise 15,6 % der Infektionen in Deutschland festgestellt worden, errechneten die Entwicklungsökonomen Christian Bommer und Sebastian Vollmer, wie die Universität mitteilte.
Um die Qualität der offiziellen Fallaufzeichnungen zu prüfen, nutzten die Forscher unter anderem Daten aus einer Studie zur Mortalität von COVID-19 und zum Zeitraum bis zum Tod der Betroffenen, die kürzlich in The Lancet Infectious Diseases erschienen ist. Auf dieser Grundlage gehen die Ökonomen davon aus, dass die Zahl der Infektionen in allen betroffenen Ländern deutlich höher liegt, als bislang angenommen.
Sie vermuten, dass weltweit bislang im Durchschnitt nur etwa 6 % aller Infektionen nachgewiesen wurden. Nach ihren Berechnungen könnte die tatsächliche Zahl der Infizierten weltweit bereits mehrere 10 Millionen erreicht haben.
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Entdeckungsraten international sehr unterschiedlich
Unzureichende und verzögerte Tests könnten erklären, warum einige europäische Länder wie Italien und Spanien viel höhere Opferzahlen im Vergleich zu den gemeldeten bestätigten Fällen aufweisen als Deutschland.
Während Deutschland eine Entdeckungsrate von schätzungsweise 15,6 % habe, liege sie in Italien bei 3,5 % und in Spanien bei 1,7 %. Noch niedriger sei sie in den USA mit 1,6 % und Großbritannien mit 1,2 %. Im Gegensatz dazu habe Südkorea fast die Hälfte aller seiner Infektionen entdeckt.
Die Autoren schätzen, dass bis zum 31. März 2020 in Deutschland 460.000 Infektionen aufgetreten waren. Auf der Grundlage der gleichen Methode berechnen sie, dass in den USA mehr als 10 Millionen, in Spanien mehr als 5 Millionen, in Italien etwa 3 Millionen und in Großbritannien etwa 2 Millionen Infektionen aufgetreten sind.
Am selben Tag berichtete die Johns Hopkins University, dass es weltweit weniger als 900.000 bestätigte Fälle gab, was bedeutet, dass die überwiegende Mehrheit der Infektionen bislang unentdeckt blieb.
Die Studie aus Göttingen ist nicht die erste, die auf hohe Dunkelziffern an Infizierten bei der Ausbreitung von SARS-CoV-2 hindeutet.
Bereits Mitte März hatten Forscher um Ruiyun Li vom Imperial College London in Science berichtet, dass auf jeden nachweislich Infizierten etwa 7 unentdeckte Fälle kommen könnten: „Wir schätzen, dass vor den am 23. Januar in Kraft getretenen Beschränkungen, 86 % der Infektionen undokumentiert blieben.“ Die Daten für ihre Berechnungen stammten allerdings aus der frühen Phase der Epidemie in China, als es noch keine Kontaktbeschränkungen gab. © nec/dpa/aerzteblatt.de

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