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Politik

Coronakrise: CDU-Chefin dringt auf einheitliches Vorgehen bei Lockerungen

Montag, 13. April 2020

/Christian Schwier, stock.adobe.com

Berlin – CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer pocht auf ein möglichst einheitliches Vorgehen bei einem schrittweisen Ausstieg aus den harten Corona-Beschränkungen nach den Osterferien. „Es ist wichtig, dass wir möglichst einheitliche Regelungen haben. Alles andere wirft zu­sätzliche Fragen auf“, sagte Kramp-Karrenbauer.

Es gebe auch innerhalb der Ministerprä­si­dentenkonferenz die feste Vereinbarung, „ge­mein­sam mit der Bundesregierung ein gu­tes Gesamtpaket auch vorstellen zu können, mit dem man möglicherweise – das hängt von der Entwicklung der Zahlen über Ostern ab – erste Schritte gehen kann“.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will an diesem Mittwoch (15. April) mit den Minis­ter­präsidenten in einer Schaltkonferenz die Lage in der Coronakrise nach den Ostertagen bewerten. Sie hatte sich kürzlich für ein vorsichtiges Vorgehen ausgesprochen. Zunächst war offen, ob dabei bereits weitreichende Entscheidungen getroffen werden.

In der Bundesregierung wurde dies als wünschenswert bezeichnet, da die Länder bis zur da­rauf folgenden Schaltrunde mit der Kanzlerin am 19. April Anschlussregeln für ihre vor vier Wochen meist bis zum Ende der Osterferien terminierten allgemeinen Verfügungen erlassen müssten. Vor der Schalte mit den Ministerpräsidenten tagt am Mittwoch (9.30 Uhr) erneut das Co­ro­na-Krisenkabinett.

Merkel und die Ministerpräsidenten hatten am 22. März zunächst für zwei Wochen um­fassende Einschränkungen der Bewegungsfreiheit beschlossen und sie später bis zum 19. April verlängert. Schon vorher waren Sport- und Kulturveranstaltungen mit Zuschauern verboten und die meisten Geschäfte – mit Ausnahme vor allem des Lebensmittelhandels – geschlossen worden.

Die Akzeptanz der Einschränkungen ist einer Umfrage nach wie vor groß: In einer Um­fra­ge des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa sagen 78 Prozent, dass sie sich vollständig daran halten, 18 Prozent nur zum Teil und 2 Prozent gar nicht. Damit ist die Disziplin nur wenig geringer als zu Beginn des Kontaktverbots Ende März. Damals sagten 83 Prozent, dass sie die beschlossenen Regeln vollständig befolgen, 12 Prozent zum Teil und 2 Prozent ignorierten sie schon damals.

Die Mehrheit der Deutschen ist gar gegen eine Lockerung des Kontaktverbots. In der Um­frage plädierten 44 Prozent für eine Verlängerung der Maßnahmen über den 19. April hi­naus, 12 Prozent sind sogar für eine Verschärfung. Nur 32 Prozent sind für eine Lockerung und 8 Prozent für eine Abschaffung der von Bund und Ländern beschlossenen Einschrän­kungen. 5 Prozent machten keine Angaben.

Reiseverkehr verhindern

Kramp-Karrenbauer sagte, entscheidend für das weitere Vorgehen werde vor allem die Frage sein: „Wirken die Maßnahmen nachhaltig, die wir jetzt ergriffen haben“ und seien überhaupt erste Schritte der Lockerung möglich. Sie kritisierte, in einem Bundesland seien Baumärkte geöffnet gewesen, in einem angrenzenden Land aber geschlossen.

„Da wundert es nicht, dass es sofort einen regen Reiseverkehr dorthin gibt“, sagte sie. „Gerade deswegen haben die Länder ein eigenes Interesse daran, möglichst koordiniert vorzugehen.“ Alle Ministerpräsidenten hätten bei der jüngsten Schalte mit Merkel sehr deutlich gemacht, dass sie diese Frage gut miteinander koordinieren wollten. „Da gehe ich davon aus, dass wir auch zu einheitlichen Regelungen kommen können.“

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte gestern gesagt: „Die Bereitschaft zum Verzicht braucht auch eine Aussicht auf Normalisierung. Wir benö­tigen einen Fahrplan, der uns den Weg in eine verantwortungsvolle Normalität zeigt.“

In einem Papier einer von der nordrhein-westfälischen Landesregierung eingesetzten Ex­pertengruppe waren zuvor Maßstäbe und Vorschläge zur Lockerung der Corona-Ein­schrän­k­ungen genannt worden. Eine Rückkehr zur Normalität könne schrittweise forciert werden, wenn klar sei, dass das Gesundheitssystem absehbar nicht überfordert sei und die Voraussetzungen für ein besseres Monitoring der Krise vorlägen. FDP-Chef Christian Lindner forderte, den entsprechenden NRW-Plan zur „Blau­pause für ganz Deutschland“ zu machen.

Leopoldina-Papier vorgestellt

Heute stellte auch die nationale Wissenschaftsakade­mie Leopoldina ein Papier vor. Nach Vorstellung der Forscher könnten in den nächsten Wochen die ersten Schüler wieder den Unterricht besuchen. Die Öffnung solle sich zunächst auf die Älteren beschränken, weil ihnen zugetraut werde, vernünftig mit Schutzmasken umzugehen und den nötigen Abstand zu halten.

Der Spiegel hatte zuerst berichtet. „Kindergartenkinder können das nicht“, sagte ein Leo­poldina-Forscher der neuen Ausgabe des Spiegel. Deshalb sollten die Kleinsten nach Ansicht der Wissenschaftler erst einmal zu Hause bleiben.

Wie der Spiegel weiter berichtete, hängt die Öffnung weiterer Geschäfte nach Ansicht der Leopoldina-Forscher maßgeblich davon ab, wie viele Schutzmasken verfügbar sind. Nur mit ausreichend Infektionsschutz könne die Rückkehr ins normale Leben gelingen. „Die Maske muss zum sozialen Standard werden“, sagte der Leopoldina-Forscher dem Maga­zin. Auch für eine Ausweitung der COVID-19-Tests sprechen sich die Forscher demnach aus.

Die Stellungnahme der Leopoldina ist eine Grundlage bei der Frage, welche Lockerungen nach den Osterferien möglich sind. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) hatte zuletzt gesagt, die Analyse der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Leopoldina sei für sie wichtig. Dabei gehe es um die Frage, „wie können wir weiter vorgehen, wenn die Exper­ten uns sagen, dass wir auf festem Grund stehen, was die Verbesserung der Infizierten­zahlen anbelangt“.

Bei einer möglichen Lockerung der Beschränkungen spre­chen sich die Wirt­schafts­­weisen gegen starre Öffnungen und Schließungen einzelner Branchen aus. Vielmehr sollte die Politik „klare Regeln vorgeben, die helfen, die Virusausbreitung einzudämmen und eine Überlastung des Gesundheitssystems durch schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden“, schreiben die fünf Ökonomen in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Sonntags­zeitung.

Weiter heißt es, Unternehmen und Einrichtungen sollten wieder öffnen können, wenn sie die Richtlinien einhielten. „Dieses Vorgehen könnte an die Stelle von sektoral abgestuf­ten behördlichen Vorgaben treten.“

Die Regeln könnten sich auf Personengruppen sowie auf Unternehmen und Einrichtungen beziehen, empfehlen die Mitglieder des Sachver­stän­digenrats zur Begutachtung der ge­samtwirtschaftlichen Entwicklung. „Sie könnten etwa Einschränkungen der Bewegungs­freiheit, einen Mindestabstand zwischen Personen oder eine maximale Personenzahl pro Quadratmeter, notwendige Schutzbekleidung oder Hygienevorschriften umfassen.“

Klare Kommunikation und Durchsetzung notwendig

Zudem sollten nach den Vorstellungen der Wirtschaftsweisen Abwägungen möglich sein. „So könnten, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, strengere Anfor­de­rungen an die Schutzbekleidung gestellt werden.“ In der Ausarbeitung der Regeln sollte eine Expertenkommission beraten, die mit Vertretern unterschiedlicher Disziplinen besetzt ist, schreiben die Sachverständigen. Solche Vorgaben sollten in zeitlichen Abstän­den schrittweise festgelegt sowie regelmäßig evaluiert und angepasst werden.

Wichtig seien dabei eine klare Kommunikation und Durchsetzung, nicht zuletzt, um das Vertrauen in das Wirken der festgelegten Regeln aufzubauen. „Die Vorgaben bieten den Unternehmen und Haushalten Orientierung und können Unsicherheiten abbauen, die derzeit wirtschaftliche Aktivität hemmen“, heißt es in dem Beitrag weiter.

Dabei könnten unterschiedliche Regionen unterschiedliche Regeln haben: „Je nach Betroffenheit und Kapazität des Gesundheitssystems könnten unterschiedlich strenge Vorgaben gelten.“ Differenzierte Reisebeschränkungen müssten dabei übermäßigen Personenverkehr verhindern.

In Deutschland sind bis heute Mittag nach Informationen der Johns-Hopkins-University rund 127.800 Infektionen mit SARS-CoV-2 registriert worden. Mehr als 3.000 Menschen starben bundesweit daran. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts haben etwa 64.300 Menschen die Infektion überstanden, etwa die Hälfte der bisher erfassten Infizierten. © dpa/afp/aerzteblatt.de

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