Medizin
Obduktionsberichte: Verstorbene COVID-19-Patienten hatten alle Vorerkrankungen
Mittwoch, 22. April 2020
Hamburg – Die Obduktionen von 65 verstorbenen COVID-19-Patienten aus Hamburg zeigen, dass alle Vorerkrankungen hatten. Einem Bericht des Rechtsmediziners Klaus Püschel an die Gesundheitsbehörde der Hansestadt zufolge litten die Verstorbenen vorwiegend an kardiovaskulären Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkten und Arteriosklerose.
Vorerkrankungen der Atemwege und der Lunge hätten zudem bei 46 Patienten vorgelegen, heißt es in dem Bericht, über den NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung zuerst berichtet hatten. Bei 28 Fällen bestanden andere Organschäden oder die Patienten hatten transplantierte Organe gehabt.
Ursprünglich hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) aufgrund der Ansteckungsgefahr empfohlen, von einer inneren Leichenschau bei COVID-19-Patienten abzusehen. Mittlerweile betont aber auch das RKI die Bedeutung von Obduktionen, um die noch vorhandenen Wissenslücken zu schließen.
Weitere Obduktionsergebnisse liegen auch aus der Schweiz vor. Der Leiter der Autopsie am Universitätsspital Basel, Alexander Tzankov, berichtete gegenüber NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung (SZ), dass die Patienten in den seltensten Fällen eine Pneumonie gehabt hätten. „Was wir unter dem Mikroskop gesehen haben, war eine schwere Störung der Mikrozirkulation der Lunge.“ Das bedeute, dass der Sauerstoffaustausch nicht mehr funktioniere.
Für Tzankov ist das eine mögliche Erklärung für die Schwierigkeiten bei der Beatmung von COVID-19-Patienten auf den Intensivstationen: „Man kann dem Patienten so viel Sauerstoff geben, wie man will, der wird dann einfach nicht mehr weiter transportiert.“
Die in der Schweiz obduzierten Patienten hatten alle einen Bluthochdruck aufgewiesen, viele von ihnen waren schwer adipös gewesen. Mehr als 2/3 der vorwiegend männlichen Patienten wies vorgeschädigte Herzkranzgefäße auf, 1/3 hatte eine Diabeteserkrankung.
Der Bundesverbands Deutscher Pathologen forderte bereits in der vergangenen Woche seine Mitglieder zu Obduktionen von COVID-19-Verstorbenen auf: Sofern die sächlichen, personellen und finanziellen Mittel zur Verfügung stünden, sollten Obduktionen von COVID-19-Verstorbenen durchgeführt und deren Ergebnisse an das Deutsche Register von COVID-19 obduzierten Fällen (DeRegCOVID) gemeldet werden.
Die Hinweise, dass SARS-CoV-2 viel mehr als nur die Lunge befällt, mehren sich. Erst kürzlich hatten Züricher Forscher in The Lancet berichtet, dass das Virus schwere Entzündungen auch im vaskulären Endothel verursacht. Dies könnte erklären, weshalb auch Patienten versterben, die zuvor gar nicht beatmet werden mussten.
Auch bei der Beantwortung der häufig gestellten Frage, ob die Patienten an SARS-CoV-2 oder mit SARS-CoV-2 sterben, könnten Obduktionen helfen: Dem Bericht von Püschel zufolge war laut SZ bei 61 der 65 obduzierten Patienten COVID-19 auch die Todesursache. © nec/aerzteblatt.de

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