Politik
RKI empfiehlt generelle Testung bei Atemwegssymptomen
Freitag, 24. April 2020
Berlin − Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt die generelle Testung aller Menschen mit Atemwegssymptomen auf eine mögliche Infektion mit SARS-CoV-2. Die Testung ist nicht mehr länger an die Bedingung geknüpft, dass es ausreichend Testkapazitäten gibt. Das liege zum einen daran, dass mittlerweile mehr Testkapazitäten zur Verfügung stünden, sagte RKI-Vizepräsident Lars Schaade heute in Berlin. Zum anderen sei die Erkältungssaison vorbei und es seien jetzt „mehr Treffer" zu erwarten.
Als dritten Grund für die Änderung der Empfehlung nannte Schaade die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen. Jetzt sei es besonders wichtig, SARS-CoV-2-Infektionen schon bei schwachen Symptomen zu erkennen. „Wir empfehlen dringend, dass jeder mit einem Atemwegsinfekt, ob Husten oder Fieber, auch getestet werden sollte“, betonte er.
Zugleich warnte der RKI-Vize angesichts der Lockerung der Kontaktbeschränkungen vor Nachlässigkeit. Dass Deutschland bislang vergleichsweise gut durch die Epidemie gekommen sei, sei den frühen und strengen Maßnahmen zu verdanken.
Schaade verwies darauf, dass innerhalb weniger Wochen rund 5.300 Menschen an COVID-19 gestorben seien, „und es werden leider auch noch mehr Menschen sterben“. Es dürfe jetzt „keinen Erdrutsch an weiteren Lockerungen“ geben, warnte er.
Wenn es wieder zu mehr Kontakten komme, werde es auch mehr Ansteckungen geben. „Im schlimmsten Fall sind wir dann schnell an einem Punkt angelangt, an dem die Epidemie nicht mehr beherrschbar ist“, sagte Schaade.
Insgesamt liegt die Zahl der COVID-19-Fälle in Deutschland mittlerweile bei mehr als 150.383, seit gestern sind noch einmal 2.337 hinzugekommen. Die Inzidenz der Erkrankung für Deutschland liegt im Schnitt bei 181 pro 100.000 Einwohnern, der Anteil der Verstorbenen bei 3,4 Prozent.
Die Reproduktionszahl wird vom RKI weiter auf 0,9 geschätzt, im Mittel steckt somit fast jeder Infizierte einen anderen Menschen an. Die Herausforderung sei, diesen Wert weiter unter 1 zu halten, sagte Schaade. Je weiter der Wert sinke, desto besser. In manchen Regionen, etwa wo es große Ausbrüche in Heimen gebe, sei die Zahl höher als 1. Sobald das Virus in Gemeinschaftsunterkünfte eingeschleppt wird, lässt sich dem auch mit den derzeit geltenden Kontaktbeschränkungen kaum begegnen.
Maßnahmen könnten auch wieder angezogen werden
Angesichts der schrittweisen Schulöffnungen schließt das RKI mögliche Infektionen nicht aus, deren Risiko aber durch verschiedene Maßnahmen minimiert werden könne. Es sei wichtig, auf einen Ausbruch in einer Schule sehr schnell zu reagieren, um das Virus nicht weiter in die Bevölkerung zu tragen. Wenn dies „regelhaft und häufig“ passiere, müsse überlegt werden, „die Maßnahmen wieder anzuziehen“, sagte Schaade.
Die Frage, ob die Ausbreitung des Coronavirus mit der Sommersaison ähnlich wie bei der Grippe gestoppt werden könnte, lässt sich dem RKI zufolge nach wie vor nicht beantworten. Es gebe noch keine Zahlen dazu, ob der Sommer einen Unterschied mache und ob das Virus womöglich in warmer Luft und durch Sonnenstrahlen inaktiviert werde, sagte Schaade. © nec/afp/dpa/aerzteblatt.de

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