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Politik

Bundesweite Patientenein­willigung schafft Rechtssicherheit

Montag, 27. April 2020

/Rawpixel.com, stock.adobe.com

Berlin – Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat einem bundesweit einheitlichen Mustertext für die Patienteneinwilligung zu­gestimmt. Auf dieses Muster hatten sich zuvor alle an der Medizininformatik-Initiative (MII) des Bundesforschungsministeriums beteiligten Universitätsklinikstandorte verstän­digt.

Es legt die Grundlage dafür, dass die medizinische Forschung konform zur EU-Daten­schutzgrundverordnung künftig eine breite Einwilligung („broad consent“) in die Nutzung pseudonymisierter klinischer Daten einholen kann − eine wichtige Voraussetzung für viele Forschungsvorhaben.

Die MII arbeitet derzeit daran, die Routinedaten der klinischen Versorgung deutschland­weit für die medizinische Forschung verfügbar zu machen. Damit die eigenen Gesund­heits­daten etwa zur Entwicklung neuer Therapien genutzt werden können können, muss der Patient in die Datennutzung ausdrücklich einwilligen.

Patienteninformation plus Einwilligungserklärung

Das strikt einwilligungsbasierte Vorgehen sieht dabei vor, dass der Patient während sei­nes Aufenthalts im Uniklinikum auf Basis einer erläuternden Patienteninformation um seine Einwilligung zur Nachnutzung seiner klinischen Daten gebeten wird.

Sowohl für die Patienteninformation als auch für das Formular zur Einwilligung haben sich alle Standorte auf einen einheitlichen Text geeinigt, der identische Optionen für den Patienten in der Einwilligung vorsieht und somit die spätere einheitliche Nachnutzung standortübergreifend ermöglicht.

„Die Beteiligten der MII haben sich bewusst für eine aktive informierte Einwilligung der Patientinnen und Patienten als Rechtsgrundlage für die bundesweite Forschung mit Rou­tinedaten der medizinischen Versorgung entschieden“, erklärte Sebastian C. Semler, Ge­schäftsführer der TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizini­sche Forschung. Die TMF koordiniert und betreibt zusammen mit dem Medizinischen Fakultätentag und dem Verband der Universitätsklinika Deutschlands die Koordinations­stelle der MII in Berlin.

Die Entscheidung komme gerade rechtzeitig, um die akut notwendige Forschung zu COVID-19 zu unterstützen. „Zudem ist die Einigung auf eine einheitliche Patientenein­willigung ein weiteres wichtiges Signal für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Universitätsmedizin und des Forschungs- und Wissenschaftsstandorts Deutschland“, betonte Semler.

Gründlich geprüfter Standard

Besonders wichtig sei, dass mit diesen Texten nun ein gründlich geprüfter Standard ver­fügbar sei, der in der Breite kommuniziert und analysiert werden könne und den Patien­ten eine vertrauenswürdige und transparente Grundlage für ihre informierte Entschei­dung an die Hand gebe, ergänzte Sven Zenker, Universitätsklinikum Bonn und Sprecher der Arbeitsgruppe Consent der MII.

Wichtig sind aus Sicht der Beteiligten auch die abgestimmten Maßnahmen, die die An­wendung des Mustertextes begleiten sollen. Dazu gehört beispielsweise ein zentrales Onlineangebot, das die Öffentlichkeit über alle konkreten medizinischen Forschungsvor­haben informiert, die mit den Patientendaten durchgeführt werden.

„Die Gesellschaft erlebt somit live, wie ein lernendes Gesundheitssystem funktioniert“, betonte Co-AG-Sprecher Daniel Strech (BIH/Charité Berlin). „Ohne eine breite Einwilli­gung wäre das nicht möglich, denn viele medizinische Fragestellungen, für die die Daten zukünftig verwendet werden sollen, stehen zum Zeitpunkt der Einwilligung noch nicht fest.“

In die Erarbeitung des Mustertextes ist die Expertise verschiedener Akteure, wie etwa der AG Biobanken des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen, eingeflossen. Die konkrete Anwendung des Mustertextes in den Unikliniken wird nun kurzfristig jeweils vor Ort mit den Ethikkommissionen der Standorte abgestimmt, sodass der Mustertext zeitnah praktisch eingesetzt werden kann.

„Es ist sehr erfreulich, dass wir jetzt einen bundesweit einheitlichen Mustertext für die Patienteneinwilligung vorliegen haben. Auf dieser Basis können wir den Patienten als mündigen Bürger nun selbst über seine Bereitschaft, die in der Krankenversorgung über ihn erhobenen Daten auch für Forschungszwecke nutzen zu dürfen, befragen“, kommen­tierte Hans-Ulrich Prokosch (Universität Erlangen), Leiter des MIRACUM-Konsortiums innerhalb der MII, das Ergebnis.

Nach allen bisherigen Umfragen sei die Bereitschaft in der Bevölkerung sehr hoch, die akademische Forschung auf diesem Weg zu unterstützen, „so dass uns dies in der Medi­zin­informatik-Initiative und der gesamten medizinischen Forschung einen großen Schritt weiterbringen wird“.

Georg Schmidt (TU München), Vertreter des DIFUTURE-Konsortiums sowie stellvertre­ten­der Vorsitzender des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen, begrüßte die er­zielte Einigung von MII-Konsortien, Vertretern des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen und den Datenschutzbehörden auf die jetzt vorliegenden Unterlagen zum Informed Consent.

Die Patienten würden „fair über die Möglichkeiten einer umfangreichen Einwilligung auf­geklärt, die Persönlichkeitsrechte der Teilnehmer geschützt und zukunftsfähige digitale Forschungsprojekte ermöglicht“, betonte er. © KBr/aerzteblatt.de

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