Ärzteschaft
Kein Kurzarbeitergeld für Praxen und Krankenhäuser, die unter den Schutzschirm fallen
Dienstag, 28. April 2020
Berlin – Vertragsarzt- und Vertragspsychotherapeutenpraxen erhalten nach einer internen Weisung der Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich kein Kurzarbeitergeld, wenn sie unter den Schutzschirm fallen, den die Bundesregierung zur Kompensation von Einnahmeausfällen infolge der Coronapandemie aufgespannt hat. Darauf hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gestern hingewiesen.
Die Vertragsärzte hätten bei einem auf der Pandemie beruhenden Honorarausfall von mehr als zehn Prozent Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach § 87a Abs. 3b SGB V. Dadurch werde der Arbeitsausfall ähnlich einer Betriebsausfallversicherung ausgeglichen, so dass die wirtschaftlichen Gründe für den Anspruch auf Kurzarbeitergeld fehlten, zitiert die KBV aus der Weisung der Bundesagentur für Arbeit vom 24. April.
Die KBV stellte jedoch klar, dass Einnahmeausfälle aus der privaten Krankenversicherung nicht durch den Schutzschirm kompensiert würden. Sollte eine Praxis aufgrund von ausbleibenden privat krankenversicherten Patienten existenzbedrohende Umsatzeinbußen erleiden, komme Kurzarbeitergeld grundsätzlich in Betracht. Die Entscheidung darüber, ob Kurzarbeitergeld bewilligt werde, liege bei der Behörde.
Genauso viel Geld für die Versorgung wie zu normalen Zeiten
Das Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen vom 27. März sieht vor, dass Vertragsarzt- und Vertragspsychotherapeutenpraxen für Umsatzverluste von zehn Prozent und mehr bei extrabudgetären Leistungen wie Früherkennungsuntersuchungen, Impfungen oder ambulante Operationen Ausgleichszahlungen erhalten können.
Außerdem ist geregelt, dass die Krankenkassen die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung trotz reduzierter Leistungsmenge im regulären Umfang an die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) auszahlen. Die Kassen müssten also genauso viel Geld für die Versorgung der Patienten bereitstellen wie zu normalen Zeiten, erklärte die KBV. Über den genauen Ausgleichsmechanismus verhandeln KVen und Krankenkassen zurzeit.
Schutzschirm schafft auch im Krankenhaus finanziellen Ausgleich
Ähnlich ist die Situation in den Krankenhäusern. Das Gesetz sieht auch hier Ausgleichszahlungen für Einnahmeausfälle oder Sonderkosten vor. So erhalten die Krankenhäuser unter anderem 560 Euro für jedes Bett, dass durch die Verschiebung planbarer Operationen nicht belegt ist. Für jedes zusätzliche Intensivbett mit Beatmungskapazität erhalten sie 50.000 Euro sowie zusätzlich 50 Euro je Patient zur Finanzierung medizinischer Schutzausrüstung.
Der Schutzschirm schaffe einen, wenn auch nicht vollständigen finanziellen Ausgleich. Deshalb bestehe im Kernbereich der medizinischen Versorgung, sprich bei Ärzten, Pflegekräften und anderem medizinischen Personal keine Veranlassung für Kurzarbeit, erklärte ein Sprecher der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) dem Deutschen Ärzteblatt.
„Uns liegen keine Daten vor, wie viele Krankenhäuser Kurzarbeit planen. Nach unserem Kenntnisstand ist dies aber kein flächendeckendes Thema“, sagte er. Vielfach handele es sich bei den Antragstellern um Rehakliniken, für die andere Regelungen unter dem Rettungsschirm gelten.
Für Vorsorge- und Rehaeinrichtungen habe der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Kurzarbeitergeld möglich sei. Das folge daraus, dass diese Einrichtungen für nicht belegte Betten nur 60 Prozent des mit den Krankenkassen vereinbarten durchschnittlichen Vergütungssatzes erhielten. In den Akutkliniken sehe der Gesetzgeber dagegen die Leistungen des Rettungsschirms als Vollfinanzierung an.
Das bedeute, dass dort kein Kurzarbeitergeld möglich sei, wenn Leistungen des Rettungsschirms gezahlt würden. „Die Bundesagentur für Arbeit hat sich diesbezüglich auch so geäußert“, erklärte der DKG-Sprecher.
Kurzarbeitergeld komme bei Mitarbeitern eines Akutkrankenhauses nur dann in Betracht, wenn deren Tätigkeit im Rahmen des Schutzschirms nicht ausgeglichen werde, weil die Leistungen nicht über die gesetzliche Krankenversicherung finanziert würden. Das treffe beispielsweise auf die Mitarbeiter von Kiosken oder Cafeterien zu, die aufgrund der Coronapandemie geschlossen seien.
Keine Gefahr von Mitnahmeeffekten
Eine Gefahr von Mitnahmeeffekten beim Kurzarbeitergeld sehe die DKG nicht, betonte der Sprecher. Vielmehr müsse konstatiert werden, dass es beim Rettungsschirm dringenden Nachbesserungsbedarf gebe. Schon jetzt sei erkennbar, dass die Freiheithaltepauschale von 560 Euro für die große Zahl der nicht belegten Intensivbetten unzureichend sei. Auch die Freihaltepauschale für Intensivbetten müsse deutlich erhöht werden.
Dass derzeit nur circa 3.000 Intensivbetten für Coronapatienten gebraucht würden, habe man bei der Konzeption der Finanzierungsregelungen des Rettungsschirms nicht erwarten können. Zudem benötigten die Kliniken mit hohen Patientenrückgängen ergänzende Liquiditätshilfen.
Nach Angaben der Bundesarbeitsagentur soll die Weisung vom 24. April noch einmal angepasst und klargestellt werden. Sie befinde sich zurzeit in Abstimmung mit dem Bundesarbeitsministerium. © HK/aerzteblatt.de

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