Politik
Diskussion um Besuchsregeln in Alten- und Pflegeheimen
Mittwoch, 29. April 2020
Hannover – Die Pflegeverbände in Niedersachsen warnen vor einer Öffnung von Alten- und Pflegeheimen für Angehörige zum jetzigen Zeitpunkt. Im Augenblick sei dies für Mitarbeiter und Bewohner noch zu gefährlich.
„Es ist jetzt wichtig, alle Menschen in Pflegeeinrichtungen besonders zu beschützen. Übereilte Entscheidungen über Besuchsmöglichkeiten sind daher unbedingt zu vermeiden, sondern es gilt zunächst einheitliche Kriterien für sichere Kontakte zu erarbeiten und zu erproben“, sagte Birgit Eckhardt vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Niedersachsen beim Dialogkreis Pflege der Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) mit Landesgesundheitsministerin Carola Reimann (SPD).
„Bewohner in der Langzeitpflege sind eine äußerst vulnerable Hochrisikogruppe. Sie sind in der stationären Pflege der Gefahr einer schnellen Virus-Verbreitung und schweren Krankheitsverläufen ausgesetzt“, betonte Thomas Greiner, Präsident der Arbeitgeberverband Pflege in Niedersachsen.
Eine stärkere Öffnung der Pflegeheime für Besuchsdienste will unterdessen die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) erreichen und hat dafür eine Petition gestartet. „Die Isolierung der Heimbewohner von ihren Angehörigen führt zu unverhältnismäßiger Härte und gefährdet die seelische und körperliche Gesundheit der Betroffenen“, begründete BIVA-Vorsitzender Manfred Stegger den Schritt.
„Besuche von Angehörigen und Betreuern müssen unter Einhaltung von verbindlichen Hygienevorschriften möglich sein“, betonte er. Einzig gute Hygiene- und sinnvolle Organisationsmaßnahmen können laut Stegger den Schutz vor Ansteckung sicherstellen. Diese müssten zunächst für das Personal gelten und in angepasster Form auch für die Besucher.
Das sei mühsamer und kostenintensiver als ein Besuchsverbot auszusprechen, könne aber wieder einen menschlicheren Umgang mit den Pflegebedürftigen möglich machen, so die Haltung des BIVA.
Der UVN-Hauptgeschäftsführer Volker Müller wies hingegen daraufhin, dass die Pflegeverbände mit dem Land gemeinsam an neuen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen arbeiteten, die künftig eine schrittweise Öffnung für Angehörige und Besucherinnen und Besucher zuließen. „Zum aktuellen Zeitpunkt wäre dies eindeutig zu früh und gefährlich“, so Müller.
Die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) mahnte in diesen Zusammenhang, die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zur psychosozialen und spirituellen Unterstützung konsequent zu beachten und umzusetzen. „Belastete, schwerstkranke, sterbende und trauernde Menschen brauchen jemanden an ihrer Seite“, sagte die Präsidentin der Kammer, Martina Wenker.
Die ÄKN fordert, „ein Expertenbeirat sollte in Niedersachsen schnellstens gebildet werden, der ethische Abwägungen vornimmt und konkrete Handlungsvorschläge für die Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens in Niedersachsen während und nach der Coronakrise erarbeitet. Dazu gehören auch vorsichtig-begründete Maßnahmen zur schrittweisen Wiederherstellung der gesellschaftlichen Normalität“. © hil/aerzteblatt.de

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