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Medizin

COVID-19: Berichte über Kawasaki-Syndrom bei Kindern

Montag, 4. Mai 2020

/Aleksandra Suzi, stock.adobe.com

London − Die meisten Kinder zeigen nach einer Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 allenfalls milde Symptome. In seltenen Fällen scheint es jedoch zu einer schweren Entzündungsreaktion zu kommen, die dem Kawasaki-Syndrom ähnelt. Britische Pädiater haben jetzt eine Leitlinie veröffentlicht, die die Diagnose erleichtern soll.

Das Kawasaki-Syndrom ist eine entzündliche Erkrankung der Blutgefäße (Vaskulitis) im Kleinkindalter, die zu einer irreversiblen Schädigung der Koronargefäße führen kann. Die Erkrankung beginnt mit einem plötzlich einsetzenden Fieber, das über mindestens 5 Tage andauert.

Hinzu kommen erstens ein Hautausschlag (Erythem und Ödeme von Händen und Füßen, das unter Abschuppung abheilt), zweitens ein polymorphes Exanthem, drittens bilate­rale, schmerzlose konjunktivale Injektionen ohne Exsudat (trockene Bindehautentzün­dung), viertens Veränderungen der Lippen und der Mundhöhle (Erythem und Risse von Lippen, Erdbeerzunge, diffuse Injektion von oralen und Rachenschleimhäuten) und fünftens eine zervikale Lymphadenopathie (etwa 1,5 cm Durchmesser, meist einseitig). Die Diagnose wird gestellt, wenn (neben dem Fieber) 4 der 5 Kennzeichen vorhanden sind.

Die Ursache des Kawasaki-Syndroms ist unklar. Vermutet wird eine Fehlreaktion des Immunsystems auf banale Atemwegsinfektionen. Zu den möglichen Auslösern zählen neben Rhinoviren und dem Respiratory-Syncytial-Virus (RSV) auch die 4 harmlosen Coronaviren 229E, HKU1, NL63 und OC43.

In den letzten Wochen hat es immer wieder vereinzelte Berichte über Kleinkinder gegeben, die nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 an einem Kawasaki-Syndrom erkrankt sind. Veena Jones vom Palo Alto Center in Stanford/Kalifornien und Mitarbeiter stellten in Hospital Pediatrics (2020; DOI: 10.1542/hpeds.2020-0123) den Fall eines 6 Monate alten Mädchens vor, das nach einem viralen Infekt hohes Fieber von 38,3°C entwickelte und mit Konjunktivitis, Zungenveränderung, Hautausschlag und Schwellungen an Händen und Füßen die klassischen Kriterien des Kawasaki-Syndroms aufwies.

Ein Test auf SARS-CoV-2 fiel positiv aus. Jones vermutet deshalb, dass das neuartige Coronavirus der Auslöser des Kawasaki-Syndroms bei dem Säugling war. Er wurde entsprechend den US-Leitlinien mit intravenösen Immunglobulinen und hoch dosiert mit Acetylsalicylsäure behandelt. Eine erste kardiologische Untersuchung lieferte (noch) keine Hinweise auf Dilatationen oder Aneurysmen an den Koronararterien, die zu den gefürchteten Folgen der Erkrankung gehören.

Ähnliche Fälle sind in den letzten Tagen auch aus mehreren europäischen Ländern beschrieben worden. So wurde an der Universitätsklinik Genf seit Beginn der Corona­epidemie 3 Kinder mit schweren Entzündungen behandelt. Ein Kind sei genesen und entlassen wurden, eines befinde sich auf der Normal- und eines auf der Intensiv­station, teilte eine Sprecherin der dortigen Klinik in der letzten Woche mit. Am Uniklinikum Dresden wurden laut Presseberichten in der letzten Woche 2 Kinder mit den Symptomen eines Kawasaki-Syndroms behandelt. Es war aber noch unklar, ob sie im Zusammenhang mit einer Coronavirusinfektion standen.

Auch aus Italien und Spanien wurden Fälle gemeldet. In Großbritannien hat der nationale Gesundheitsdienst (NHS) bereits vor einer Woche Emails an die Mitglieder der „Paediatric Intensive Care Society“ verschickt. Am Freitag hat dann das „Royal College of Paediatrics and Child Health“ (RCPCH) eine Falldefinition veröffentlicht. Sie umfasst neben anhaltendem Fieber und den klassischen Symptomen des Kawasaki-Syndroms auch Entzündungszeichen in Laborbefund (Neutrophilie, erhöhter CRP und Lymphopenie) sowie Anzeichen einer Funktionsstörung einzelner oder mehrerer Organe.

Andere mikrobielle Ursachen einschließlich bakterieller Sepsis, Staphylokokken- oder Streptokokken-Schock-Syndrom, Infektionen im Zusammenhang mit Myokarditis wie Enterovirus sollten ausgeschlossen werden. Ein positiver Nachweis von SARS-CoV-2 wird nicht gefordert.

Das Auftreten einer akuten Vaskulitis bei Kindern passt zu den Beobachtungen bei Erwachsenen, nach denen das SARS-CoV-2 eine Entzündung des Endothels verursacht, die unter anderen auch für das Lungenversagen (ARDS) mit verantwortlich sein soll. © rme/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #767798
Cryonix
am Dienstag, 12. Mai 2020, 12:03

Vielen Dank für die Aufklärung!

hatte meinen Einwurf ja durchaus mit einem Fragezeichen versehen.
Avatar #828268
dr.gratz
am Freitag, 8. Mai 2020, 14:13

Konjunktive Injektionen

Unter einer konjunktivalen Injektion versteht man das Hervortreten der Blutgefäße der Bindehaut (Konjunktiva) des Auges. Sie ist durch eine Hyperämie der Konjunktivalgefäße bedingt ("rotes Auge")
Avatar #767798
Cryonix
am Dienstag, 5. Mai 2020, 21:24

noch einer...

"Ein Kind sei genesen und entlassen wurden"

(darf und kann nach Korr. gelöscht werden. Danke!)
Avatar #767798
Cryonix
am Dienstag, 5. Mai 2020, 21:01

konjunktivale Injektionen?

sollte sicherlich konjunktivale Infektionen heissen?
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