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Ärzteschaft

Kinderärzte diagnostizieren vermehrt psychische Störungen

Dienstag, 19. Mai 2020

/master1305, stock.adobe.com

Berlin – Das Diagnosespektrum bei Kindern und Jugendlichen hat sich in den vergange­nen Jahren verschoben: Kinder- und Jugendärzte haben zwischen 2010 und 2017 ver­mehrt psychosoziale Auffälligkeiten bei Unter-18-Jährigen diagnostiziert. Bronchitiser­krankungen wurden hingegen seltener festgestellt. Auch die Antibiotikaverordnungen sind deutlich zurückgegangen.

Das geht aus dem neuen „Versorgungsmonitor Ambulante Kinder- und Jugendmedizin“ hervor, den das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) und der Berufs­ver­band der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) veröffentlicht haben. Grundlage des Berichtes sind vertragsärztliche Abrechnungs- und Verordnungsdaten.

Danach ist die Zahl der Behandlungsfälle zwischen 2010 und 2017 bei Kinder- und Ju­gendärzten von 24,7 Millionen auf 26,7 Millionen gestiegen. Anpassungsstörungen nah­men laut dem Bericht im Analysezeitraum um 57 Prozent zu, Entwicklungsstörungen um 37 Prozent und Störungen des Sozialverhaltens um 22 Prozent. Die Verschreibungs­häufig­keit von Antibiotika ist von 64 Prozent im Jahr 2010 auf 46 Prozent für 2016 gesunken.

„Unsere Auswertungen zeigen, dass sich die Behandlungsanlässe in der Pädiatrie immer stärker von akuten zu chronischen, von somatischen zu psychischen Erkrankungen ver­schieben“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried. Er wies daraufhin, dass die Kinder- und Jugendärzte in Deutschland mit begrenzten Kapazitäten neben der hausärztlichen auch die spezialisierte ambulante Versorgung sicherstellen.

„Die hohen Zahlen von Patienten, die zu uns wegen psychischer Störungen kommen, be­deuten nicht zwingend, dass es unter Kindern und Jugendlichen generell einen Anstieg psychischer Erkrankungen gibt“, sagte der BVKJ-Präsident Thomas Fischbach.

Die Entwicklung gehe „sicher auch auf einen offeneren Umgang mit psychischen Erkrank­ungen zurück“, so Fischbach. Kinder und Jugendliche sowie Eltern redeten heute offen beim Arztbesuch über psychische Probleme. „Auch weil sie wissen, dass wir ihnen hier weiterhelfen können“, so der BVKJ-Vorsitzende.

Die Zahl der vertragsärztlich tätigen Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin ist von 2010 bis 2017 von 7.500 auf 8.200 gestiegen. Diese Zahl bezieht sich allerdings nur auf die Fachärzte. Viele Kinder- und Jugendärzte arbeiten laut dem Zi und dem BVKJ in Teil­zeit. Unter Berücksichtigung von Teilzeitarbeit hat die Zahl der Pädiater zwischen 2010 und 2017 von 88,5 auf 79,6 pro 100.000 behandelter Kinder abgenommen.

„Der Blick auf die Zahlen zeigt aus Sicht des BVKJ, dass die vorhandenen Kapazitäten kaum ausreichen, alle Kinder und Jugendlichen bestmöglich medizinisch zu versorgen. Die Zeit, die uns pro Patient zur Verfügung steht, nimmt seit Jahren kontinuierlich ab“, sagte Fischbach.

Zur Leistungsverdichtung trügen in erheblichem Maß auch die durch den Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Früherkennungsuntersuchungen (U1 bis U9, J1) bei. Der Ver­sorgungsmonitor zeigt: Während 2010 noch 538.000 U3-Untersuchungen abgerech­net wurden, waren es 2017 bereits 631.000. Ähnlich sieht die Entwicklung für die U4, U5, U6, U7 und U7a aus.

„Wenn das bisherige Niveau der vertragsärztlichen Versorgung, insbesondere auch in der Kinder- und Jugendmedizin, in Zukunft gesichert werden soll, müssen die Bundesländer die Studienplatzkapazitäten im Fach Humanmedizin deutlich aufstocken“, forderte der Zi-Vorstandsvorsitzende. © hil/aerzteblatt.de

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