Ärzteschaft
Gewebeeinsendungen an Universitätspathologien eingebrochen
Dienstag, 19. Mai 2020
Berlin – Ärzte haben im Rahmen der Coronapandemie und des damit verbundenen Lockdowns deutlich weniger Gewebeproben in die Pathologien gesandt als zu anderen Zeiten. „Daran lässt sich der Einbruch von ärztlicher Tätigkeit im stationären und insbesondere im ambulanten Bereich ablesen“, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) nach einer Umfrage unter 30 deutschen Universitätspathologien.
Danach meldete mehr als die Hälfte der Universitätsinstitute einen Rückgang von mehr als 20 Prozent seit Beginn der Coronakrise 2020. „Die Schließung von Praxen/Polikliniken und die Angst vor Ansteckung mit dem COVID-19-Virus hat viele Patienten von Arztbesuchen abgehalten“, erklärte der DGP-Präsident Gustavo Baretton vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden.
Die berechtigte Sorge um Vermeidung von COVID-19-Infektionen dürfe jedoch andere schwere Erkrankungen nicht aus dem Blick drängen. „Brust- und Darmkrebs sind zwei Beispiele von Tumoren, bei denen eine frühe Diagnose für eine erfolgreiche Therapie entscheidend ist“, erinnert der Experte. „In unserer Klinik – und auch nach Berichten von Kollegen – beobachten wir im Rahmen der Lockerungsmaßnahmen aktuell überdurchschnittlich viele positive Befunde, was auf eine verzögerte Diagnostik hindeutet“, so der DGP-Präsident.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) berichtet, dass wegen der Coronapandemie Krebserkrankungen später festgestellt würden. Es sei eine Tendenz zu beobachten, dass die Zahl der in frühen Stadien diagnostizierten Tumore wie Darm- oder Brustkrebs zurückgehe.
Bei diesen Krankheitsbildern wird die Erstdiagnose häufig im Rahmen der Früherkennung gestellt. „Diese Screeninguntersuchungen haben nicht stattgefunden, entsprechend ist mit einer Welle von Neudiagnosen im Sommer und Herbst dieses Jahres zu rechnen. Auch die Zahl der in Tumorkonferenzen vorgestellten Patienten ist im April deutlich gesunken, in einzelnen Institutionen um 30 bis 50 Prozent“, hieß es aus der Fachgesellschaft.
Die Arbeit von Pathologen ist laut der DGP im Rahmen der COVID-19-Krise verstärkt in den Fokus geraten. Ihre Obduktionsergebnisse hätten entscheidend zum Verständnis beigetragen, welche Schäden die Infektion im Körper und in den Organen auslöse. „Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die Arbeit von Pathologen zu etwa 95 Prozent an Einsendungen von lebenden Patienten stattfindet“, sagte Baretton. Der Schwerpunkt der Arbeit von Pathologen liege auf der Diagnostik von Krebserkrankungen, betonte er. © hil/aerzteblatt.de

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