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Pränatal­diagnostiker kritisieren Versicherten­information zum NIPT-Bluttest

Dienstag, 19. Mai 2020

/picture alliance, chromorange

Berlin – Gravierende wissenschaftlich-fachliche und inhaltliche Mängel bescheinigt der Berufsverband niedergelassener Pränatalmediziner (BVNP) der vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen(IQWiG) erstellten Versicherteninformation zu nichtinvasiven pränatalen Testverfahren (NIPT).

Gemeinsam mit anderen im „Runden Tisch zur Patienteninformation des IQWiG Vorbe­richts P17-01“ vertretenen medizinischen Fachverbänden und sozialen Organisa­tionen fordert der Verband eine grundlegende Überprüfung und Überarbeitung der vorgesehe­nen Versicherten­information, die sich gerade im Stellungnahmeverfahren befindet.

Das Vorliegen dieser Versicherteninformation ist eine Voraussetzung dafür, dass NIPT-Verfahren − wie vom Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) beschlossen − künftig von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen werden. Die Bluttests ermögli­chen ohne invasiven Eingriff ein zielgerichtetes Screening beim Ungeborenen auf Chro­mosomen­störungen wie die Trisomien 21, 13 und 18. Für die Untersuchung wird plazen­tale DNA aus Zellfragmenten gewonnen, die im Blut der Mutter zirkuliert.

Such- kein Diagnoseverfahren

Die Kritik der Pränatalmediziner an Versicherteninformation des IQWiG ist komplex: Im Gegensatz zu den invasiven Verfahren handele es sich bei den NIPT-Tests um Such­verfah­ren und nicht um ein beweisendes Diagnoseverfahren, betont der BVNP. Eine diagnos­ti­sche Punktion der Gebärmutter – wie sie etwa bei einer Amniozentese oder Chorion­zotten­biopsie durchgeführt werde– sei bei auffälligem Bluttest nach Ansicht des BVNP unerlässlich, um unnötige Abtreibungen zu vermeiden.

„Jeder NIPT-Bluttest hat eine gewisse Fehlerrate. Je jünger die Schwangere ist, desto eher kann er falsch positiv sein. Auch ist seine Leistungskraft keineswegs so groß ist wie die Nackentransparenzmessung, wenn sie in Verbindung mit früher Ultraschallfein­diagnostik zur Überprüfung der fetalen Organentwicklung durchgeführt wird“, betonte Alexander Scharf, Präsident des BVNP. In der Versicherteninformation werde die Aussagekraft beider Verfahren jedoch seiner Meinung nach fälschlicherweise gleichgestellt.

Zudem fehlt in der Versicherteninformation des IQWiG aus Sicht des BVNP der Hinweis darauf, dass der Bluttest derzeit in Kombination mit einer Nackentransparenzdiagnostik und früher Ultraschallfeindiagnostik nur von spezialisierten Ärzten standardmäßig durch­geführt werde.

„Auf die Bedeutung einer hochwertigen, fachärztlichen pränataldiagnostischen Betreu­ung wird in der Broschüre nicht eingegangen“, kritisiert Scharf. Auch die Frage, in wel­chen Fällen der NIPT-Test vor allem zum Einsatz kommen sollte, werde nicht ausreichend beantwortet. Es werde gleichzeitig zu wenig deutlich, dass ein unauffälliges Testergebnis keineswegs die Geburt eines Kindes ohne Behinderung bedeute.

Zu wenig deutlich wird nach Ansicht der im „Runden Tisch“ organisierten Verbände und Organisationen auch, in welcher Weise eine psychosoziale Beratung für Paare hilfreich sein kann. Da die Broschüre einen defizitorientierten Blick auf das Leben von Menschen mit Fehlbildungen wie der Trisomie 21 werfe, könnten zusätzlich Ängste vor einem Kind mit Behinderung geschürt werden.

Auf den Rechtsanspruch auf Beratung wird nicht hingewiesen

Zudem fehlten konkrete Hinweise auf Beratungsstellen für Familien in der Broschüre. Auch die Rechtslage werde unzureichend dargestellt. „Die Information zum Rechtsan­spruch auf Beratung bei pränataldiagnostischen Fragen fehlt gänzlich“, bemängelt Scharf.

„Zudem ist nicht erwähnt, dass Ärzte nach der gültigen Rechtslage die Pflicht haben, Hin­weise auf entsprechende Beratungsstellen zu geben beziehungsweise werdende Eltern in schwierigen Situationen dorthin zu vermitteln.“

Zum Hintergrund: Derzeit stehen die nicht invasiven pränatalen Bluttests Schwangeren im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen als individuelle Gesundheitsleistung (IGel) zur Verfügung. Durch die Entscheidung des G-BA werden diese zukünftig für Schwangere mit entsprechendem Risikoprofil als Kassenleistung angeboten.

Die NIPT-Änderung der Mutterschaftsrichtlinien ist bereits von Seiten des Bundesminis­te­­­­­riums für Gesundheit gebilligt worden. Ende 2020 soll der Beschluss zur NIPT-Versicher­teninformation erfolgen. Vor diesem Hintergrund rechnet der BVNP mit einer Einführung von NIPT als Kassenleistung ab 2021. © ER/aerzteblatt.de

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