Politik
Europäische Eigenständigkeit als Lehre aus der Coronapandemie
Montag, 25. Mai 2020
Berlin – Die Bundesregierung will als Lehre aus der Coronapandemie die europäische Eigenständigkeit stärken. Das haben am Wochenende Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) betont.
Altmaier kündigte an, sich auf EU-Ebene für ein gemeinsames europäisches Projekt zur Arzneimittelproduktion einzusetzen. „Es ist keine gute Idee, die Globalisierung zurückzudrehen, aber es ist die richtige Idee, einseitige Abhängigkeiten zu minimieren und in sensiblen Bereichen die nationale Souveränität zu behaupten oder wiederzugewinnen“, sagte er.
Der Bundeswirtschaftsminister betonte, er habe deshalb bereits zwei Initiativen bei der Halbleiterproduktion und Batteriezellenherstellung gemeinsam mit verschiedenen europäischen Partnern aufs Gleis gesetzt.
„Ich kann mir auch gut ein gemeinsames europäisches Projekt für die Arzneimittelproduktion vorstellen. Auch hieran arbeiten wir bereits.“ Die Bundesregierung hatte bereits den Ausbau der Produktion medizinischer Schutzausrüstungen in Deutschland vorangetrieben, um unabhängiger zu werden.
Auch Maas will als Lehre aus der Krise mehr europäische Eigenständigkeit bei Schutz der wirtschaftlichen Lebensgrundlagen. „Wir müssen unsere Abhängigkeiten in strategisch wichtigen Bereichen dringend verringern: im Gesundheitssektor, aber genauso bei Energie, Informationstechnik, Ernährung, Logistik und Rohstoffen wie Seltenen Erden“, erklärte er bei der ersten digitalen Botschafterkonferenz seines Ministeriums.
„Wo es um die Sicherheit und Gesundheit unserer Bevölkerung geht, da muss die EU die sichere Versorgung garantieren können“, sagte er laut Redemanuskript weiter. Dies sei keine Abkehr vom freien Handel. „Aber die Balance zwischen internationaler Arbeitsteilung und den Risiken strategischer Abhängigkeiten muss neu justiert werden“, so Maas.
„Und ich möchte, dass Deutschland und Europa dabei Vorreiter sind.“ Auch gehe es darum, Europas Einfluss in einer Post-Corona-Welt zu sichern. Das im Internet abgehaltene Treffen sollte auch der Kursbestimmung vor der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ab Juli dienen.
Maas verwies darauf, dass die Pandemie weitreichende Folgen für die Außen- und Sicherheitspolitik haben werde und globale Ungleichgewichte verstärken könne. Wer im geopolitischen Ringen dieser Tage als vermeintlicher Sieger vom Platz gehen werde, sei nicht klar.
„Die meisten Wetten lauten auf China. Aber ist es so einfach?“, fragte Maas. „Und werden internationale Unternehmen weiter „just in time“ in China produzieren, wenn die Ursachen einer solchen Krise nicht nachprüfbar aufgearbeitet werden?“ Auch beim Blick über den Atlantik sei ein „Zerrbild“ entstanden.
„Es zeigt die USA in völliger Überforderung − irgendwo zwischen kollabierendem Gesundheitssystem und galoppierenden Arbeitslosenzahlen“, so Maas. Dabei sind sich fast alle Experten einig, dass vor allem die Digitalwirtschaft mächtiger aus der Krise hervorgehen werde – und damit viele große US-Unternehmen. © dpa/aerzteblatt.de

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