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Medizin

COVID-19: Jena hat durch frühe Maskenpflicht viele Infektionen vermieden

Montag, 8. Juni 2020

/picture alliance, EUROPA PRESS, María José López

Mainz – In der thüringischen Stadt Jena ist es durch die frühzeitige Einführung einer Maskenpflicht gelungen, die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 „praktisch auf null“ zu senken. Zu diesem Ergebnis kommt jetzt eine Studie der Universität Mainz, die heute der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Die Studie bestätigt die Ergebnisse einer Meta-Analyse der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die der Mund-Nase-Bedeckung in der letzten Woche ebenfalls eine gute Schutzwirkung attestiert hatte.

Während in einigen Ländern Ostasiens der Mund-Nase-Schutz während der Grippe-Wellen bereits seit Jahren verbreitet ist, wurde die Schutzwirkung gegen Atemwegs­erreger wie SARS-CoV-2 von westlichen Epidemiologen (und auch von der WHO) lange bezweifelt. Es gab sogar Bedenken, wonach die Masken die Träger zu unvorsichtigen Handlungen verleiten könnten, weil sie sich in falscher Sicherheit wiegen.

Die Entscheidung der Stadt Jena, das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes ab dem 6. April im öffentlichen Raum zur Pflicht zu machen, wurde deshalb andernorts als übertrieben eingestuft.

Nach und nach folgten andere Kommunen wie Nordhausen (14. April), Rottweil (17. April) und Braunschweig (25. April) der Vorbild Jenas. Landesweit wurde der Mund-Nasen-Schutz in Sachsen am 20. April, in Sachsen-Anhalt am 22. April, in Thüringen am 24. April und in den meisten anderen Ländern ab dem 27. April zur Pflicht.

Die unterschiedlichen Termine der Maskenpflicht haben es einem Team um den Makro­ökonom Klaus Wälde von der Universität Mainz ermöglicht, die Auswirkungen mathematisch zu berechnen.

Die Forscher bedienten sich dabei der synthetischen Kontrollmethode (“synthetic control method“), mit der in Wirtschafts- und Politikwissenschaft die Auswirkungen von Reformen untersucht werden.

Die Studie verglich die Fallzahlen an COVID-19 nach der Maskenpflicht mit der Entwick­lung in einer Gruppe von ähnlichen kreisfreien Städten und Landkreisen, in denen es noch keine Maskenpflicht gab.

Für dieses „synthetische Jena“ wurden Städte wie Darmstadt, Cloppenburg, Trier und Rostock ausgewählt, die etwa die gleiche regionale Bevölkerungsdichte haben und in denen das Durchschnittsalter der Bevölkerung, der Anteil von Senioren, die Ausstattung mit Ärzten und Apotheken vergleichbar sind.

Die Studie ergab, dass 20 Tage nach der Einführung der Maskenpflicht in Jena die Gesamt­zahl der dort registrierten COVID-19-Fälle lediglich von 142 auf 158 gestiegen war. Im „synthetischen Jena“ kam es den Berechnungen zufolge dagegen zu einer Zunahme von 143 auf 205 COVID-19-Fälle.

Die Zunahme in Jena entsprach also nur etwa 1/4 (22,9 %) der Zunahme in der Vergleichs­gruppe. Dies waren die kumulativen Fälle seit Beginn der Epidemie. Bei der täglichen Wachstumsrate kam es zu einem Rückgang um 60,1 %. Tatsächlich hat es in Jena wenige Tage nach der Einführung der Maskenpflicht kaum noch Neuerkrankungen gegeben.

Bereits in den ersten 10 Tagen betrug der Rückgang der kumulativen Erkrankungen gegenüber dem „synthetischen Jena“ 12,8 %. Dies ist erstaunlich, weil die mediane Inkubationszeit, also die Zeit von der Infektion bis zu den ersten Symptomen, 5,2 Tage beträgt. Hinzu kommen noch einmal 2 bis 3 Tage, die vom Abstrich bis zur Meldung an das Robert-Koch-Institut vergehen, auf dessen Zahlen die Berechnungen beruhen.

Wälde vermutet, dass viele Menschen in Jena die Maskenpflicht bereits einige Tage vor dem Stichtag umgesetzt haben. Die Stadtregierung hatte die Maßnahme am 30. März ange­kündigt. Danach waren die Internetsuchanfragen zum Thema Mund-Nase-Schutz angestiegen, was Wälde als Indiz betrachtet.

Die Zahlen decken sich in etwa mit den Ergebnissen der WHO-Meta-Analyse. Dort war für den Mund-Nase-Schutz eine Reduktion des Infektionsrisikos von 85 % ermittelt worden. Diese Ergebnisse haben die WHO in den letzten Tagen zu einer allgemeinen Empfehlung bewogen. © rme/aerzteblatt.de

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