Politik
Bund steigt bei Impfstoffentwickler Curevac ein
Montag, 15. Juni 2020
Berlin – Im weltweiten Rennen um einen Impfstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 steigt der Bund beim deutschen Biotechunternehmen Curevac ein. Wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) heute sagte, übernimmt die staatliche Förderbank KfW für 300 Millionen Euro rund 23 Prozent der Anteile.
Ziel sei, dem Unternehmen von Mehrheitseigner Dietmar Hopp finanzielle Sicherheit zu geben. Auf Geschäftsentscheidungen wolle der Staat keinen Einfluss nehmen. Das Unternehmen mit Sitz in Tübingen forscht seit Januar an einem Impfstoff.
Altmaier sagte, die Beteiligung sei zugleich industriepolitisch von hoher Bedeutung. Wichtige Forschungsergebnisse und Technologien würden in Deutschland und Europa gebraucht.
Hintergrund sei auch das Ziel der Bundesregierung, bei der Herstellung von Wirkstoffen und in der Impfstoffproduktion mehr Unabhängigkeit zu erreichen. „Mit dieser Investition tun wir einen ersten Schritt in diese Richtung.“ Die Technologie von Curevac habe das Potenzial, neue Impfstoffe und Behandlungsmöglichkeiten für viele Menschen zu entwickeln.
Hopp erklärte, durch die Coronakrise sei die hohe Bedeutung der Biotechnologiebranche für die Patienten, die Gesellschaft und die Welt sichtbar geworden. Er freue sich, dass dies auch von staatlicher Seite erkannt und diese Schlüsselindustrie über die frühe Forschung hinaus unterstützt werde.
Hopp, der Mitgründer des Softwarekonzerns SAP ist, hält bisher über eine Beteiligungsgesellschaft rund 80 Prozent der Anteile an Curevac. Für den Staatseinstieg verkauft er keine Anteile, dieser soll über eine Kapitalerhöhung laufen.
Weltweit ist ein Wettlauf entstanden, wer den ersten Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt. Wann es so weit ist, ist ungewiss. Auf Curevac ruhten bereits die Hoffnungen, bevor sich das Coronavirus in Deutschland ausbreitete. Ende Januar erteilte die internationale Impfstoffkooperation CEPI dem Unternehmen eine Förderzusage von 8,3 Millionen US-Dollar (rund 7,5 Millionen Euro).
Die Arbeit von Curevac sprach sich herum. Anfang März lud US-Präsident Donald Trump den damaligen Vorstandsvorsitzenden von Curevac, Dan Menichella, und weitere Pharmavertreter ins Weiße Haus, um sich über die Impfstoffsuche zu informieren. Kurz darauf gab es Wirbel um die Tübinger Firma. Medienberichten zufolge versuchte Trump, den Impfstoff exklusiv für sein Land zu sichern und bot der Firma dafür einen hohen Betrag. Die Empörung war groß.
Hauptanteilseigner Hopp hatte einen Verkauf des Unternehmens und Exklusivproduktion vehement abgelehnt. „Ich habe gesagt, das kommt für mich überhaupt nicht infrage. Und ich nehme an, damit habe ich bei Curevac offene Türen eingerannt“, sagte er heute. Das Unternehmen selbst hatte ein entsprechendes Angebot Trumps dementiert und Spekulationen über den Verkauf zurückgewiesen.
Altmaier will das Investment nun auch als klares Signal für den Standort Deutschland verstanden wissen. „Wir sind überzeugt, dass Curevac auch in Zukunft ein deutsches Unternehmen bleiben wird, das auch international erfolgreich agiert“, sagte er. „Es ist richtig, wenn der Staat hier bereit ist, Risiken zu tragen, die privaten Investoren möglicherweise scheuen“, sagte der Grünen-Politiker Danyal Bayaz.
Auch in der Branche war heute von einem guten Signal die Rede, dass sich die Bundesregierung in dieser Form für Biotechunternehmen engagiere. Darin werde auch eine Reaktion auf den wachsenden Druck der USA um prioritäre Zugänge zu einem Impfstoff gesehen.
Nach Angaben des Verbandes forschender Pharmaunternehmen von Mai gab es weltweit mehr als 120 Impfstoff-Projekte, von kleinen Betrieben wie Curevac und Biontech (Mainz) bis zu Konzernen wie Sanofi und GlaxoSmithKline. Laut der Beratungsgesellschaft EY hat die Branche in kürzester Zeit bis Anfang Juni 161 Impfstoffkandidaten sowie 242 therapeutische Testwirkstoffe hervorgebracht.
Darüber hinaus wurden weltweit mehr als 700 Corona-Tests entwickelt oder bereits auf den Markt gebracht, wie EY mitteilte. Diese Zahlen änderten sich fast täglich. Nach Einschätzung der Autoren hat aber nur ein Bruchteil der Produktkandidaten tatsächlich eine Chance, auf den Markt zu kommen.
Curevac hat angekündigt, in diesem Monat eine erste klinische Studie zu beginnen. Das Unternehmen wurde im Jahr 2000 aus der Universität Tübingen heraus gegründet und beschäftigt 460 Mitarbeiter. Die Europäische Union hatte für die Entwicklung des Impfstoffes bis zu 80 Millionen Euro als Unterstützung angekündigt. © dpa/aerzteblatt.de

Steigt der Bund auch bei der Profitabschöpfung mit ein?

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