Politik
SPD in Thüringen will junge Mediziner mit Landarztquote aufs Land locken
Montag, 22. Juni 2020
Erfurt – Nach Ansicht der Thüringer SPD-Fraktion sollte die Zahl der Medizinstudienplätze in Thüringen um zehn Prozent angehoben werden. Ein entsprechender Antrag soll dem Vernehmen nach morgen mit den Koalitionspartnern Linke und Grünen besprochen werden.
Vorstellungen der Sozialdemokraten zufolge soll der Ausbau der Studienplatzkapazitäten für das Wintersemester 2021/22 umgesetzt und dafür Mittel im Landeshaushalt bereitgestellt werden. Nach Angaben der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion, Cornelia Klisch, würde es dabei um rund fünf Millionen Euro gehen.
Weil Linke, SPD und Grüne zusammen nicht genügend Stimmen für eine Mehrheit im Parlament haben, müsste auch die CDU dem Vorhaben zustimmen – und die Mittel dafür im Haushalt absegnen. Klisch kündigte an, auch mit der CDU und der FDP über das Thema reden zu wollen.
Der SPD-Antrag sieht auch vor, dass die Einführung einer Landarztquote geprüft werden soll. Die Idee: Fünf Prozent aller Studienplätze für angehende Allgemeinmediziner würden an Bewerber vergeben, die sich verpflichten, nach ihrem Abschluss auf dem Land zu praktizieren. Damit könnten etwa Bewerber deutlich bessere Chancen auf einen Studienplatz bekommen, deren Notendurchschnitt im normalen Verfahren nicht ausreichte.
„Nur etwa ein Viertel der Thüringer Medizinstudenten kommen aus Thüringen. Viele gehen nach dem Studium wieder weg“, sagte Klisch. Dabei sei absehbar, dass im Freistaat in Zukunft Allgemeinmediziner fehlen werden, weil viele Ärzte in den kommenden Jahren in den Ruhestand wechseln werden. Der Mangel könnte vor allem ländliche Regionen treffen. „In den nächsten zehn Jahren haben wir einen Bedarf an 1.200 Ärzten in der ambulanten Versorgung“, sagte Klisch.
Hinzu komme die demografische Entwicklung. „Wir haben eine höhere Alterslast und dadurch eine höhere Krankenlast.“ Nur die Anzahl der Studienplätze zu erhöhen, wäre ihrer Meinung nach zu kurz gedacht. „Man braucht ein Paket, damit die Studenten daran interessiert sind, hier zu bleiben“, betonte die SPD-Politikerin, die auch Vorsitzende des Sozial- und Gesundheitsausschusses ist.
Ein weiterer Anreiz könnte nach Meinung des hochschulpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Lutz Liebscher, eine finanzielle Unterstützung für Medizinstudenten sein, die ihr praktisches Jahr in einer Klinik absolvieren, die in einer Region mit Ärztemangel liegt. „Wir denken darüber nach, wie ein Anreiz geschaffen werden kann, dass die Studenten ihr praktisches Jahr nicht nur in Jena absolvieren, sondern auch in anderen Kliniken“, sagte Liebscher gestern.
Der Antrag sieht weiter vor, dass eine Aufstockung der Studienplätze für Zahnmedizin geprüft werden soll – ebenfalls um zehn Prozent. Eine Kapazitätssteigerung bei Pharmaziestudienplätzen soll geprüft und der Finanzbedarf dafür berechnet werden. Außerdem soll eine Werbekampagne konzipiert werden, die Ärzte verstärkt in die unterversorgten ländlichen Gebiete locken soll.
Die CDU-Fraktion begrüßte den Vorstoß der Sozialdemokraten. Sie fordere schon seit Längerem, einen Teil der Medizinstudienplätze an Studenten zu vergeben, die nach ihrem Studium in Thüringer Landarztpraxen arbeiten wollen.
„Seit Jahren blockiert der SPD-Wissenschaftsminister Tiefensee einen Ausbau der Medizinstudienplätze“, warf der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christoph Zippel, dem Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) vor. „Die Landarztquote ist kein Allheilmittel, aber sie ist ein wichtiges Instrument für mehr Mediziner im ländlichen Raum“, sagte Zippel.
Seiner Meinung nach fehle es in Thüringen nicht nur an jungen Ärzten, sondern auf mittlere Sicht auch an Apothekernachwuchs. „Auch die Pharmaziestudienplätze müssen zügig erhöht und die Absolventen in Thüringen gehalten werden“, forderte Zippel.
Zudem schlägt die CDU-Fraktion für Studienbewerber im Bereich Pharmazie erleichterte Zugangsbedingungen vor, wenn die angehenden Studenten ehrenamtliches Engagement insbesondere im medizinischen oder pflegerischen Bereich vorweisen können. © dpa/aerzteblatt.de

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