Ärzteschaft
Mehr häusliche Gewalt und Kindesmisshandlungen im Zuge der Pandemie
Freitag, 3. Juli 2020
Berlin – Die Berliner Familiengerichte und die Gewaltschutzambulanz der Charité sehen einen Anstieg bei der häuslichen Gewalt und Kindesmisshandlung im ersten Quartal 2020. So gab es von Januar bis März vor den Gerichten 7,5 Prozent mehr derartige Verfahren als im ersten Quartal 2019. Das berichtet die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung in Berlin gemeinsam mit der Gewaltschutzambulanz der Charité.
Diese verzeichnete im ersten Halbjahr 2020 einen Anstieg von acht Prozent auf 783 Fälle (2019: 727 Fälle) beziehungsweise von elf Prozent im Vergleich zu 2018 (703 Fälle). Im Juni 2020 verzeichnete die Gewaltschutzambulanz einen Anstieg von 30 Prozent im Vergleich zum Juni 2019. In den ersten zwei Juniwochen war es sogar ein Anstieg um 50 Prozent. Die Fälle von Kindesmisshandlungen sind im ersten Halbjahr 2020 laut dem Bericht um 23 Prozent gegenüber 2019 gestiegen.
„Corona trifft Frauen und Kinder besonders hart. Die Zahlen der letzten Monate haben die schlimmsten Befürchtungen bestätigt“, sagte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne). „Die Fallzahlen der Gewaltschutzambulanz spiegeln im Grunde die einzelnen Phasen des Lockdowns wieder“, sagte Saskia Etzold von der Gewaltschutzambulanz der Charité.
Zu Beginn sei es den von Gewalt betroffenen Frauen nicht möglich gewesen, das Haus zu verlassen und sich Hilfe zu holen, außer, wenn sie die Polizei gerufen haben. „Dies führte dazu, dass wir in der Gewaltschutzambulanz im März und April neben einem Fallzahlrückgang eine deutliche Verlagerung des Schweregrades und des Anzeigeverhaltens der Fälle von häuslicher Gewalt gesehen haben“, so Etzold.
Während des Lockdowns sei darüber hinaus die soziale Kontrolle der Kinder zum Beispiel durch Tagesmütter, Kitas oder Schulen weggefallen, durch die in der Regel die Fälle von Kindesmisshandlung bemerkt würden. Als sich dies mit den Lockerungen Ende Mai / Anfang Juni änderte und die soziale Kontrolle wieder stärker möglich gewesen sei, habe es daher einen klaren Anstieg der Fallzahlen gegeben. © hil/aerzteblatt.de

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