Medizin
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Laborassistentin stirbt 7,5 Jahre nach Nadelstichverletzung an BSE-Variante
Montag, 20. Juli 2020
Paris – In Frankreich ist eine Laborassistentin an der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (nvCJD) gestorben, die auf Prionen der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) zurückgeführt wird.
Laut dem Bericht im New England Journal of Medicine (DOI: 10.1056/NEJMc2000687) hatte die Patientin 7,5 Jahre zuvor bei Laborexperimenten eine Nadelstichverletzung erlitten.
Der Unfall hatte sich im Mai 2010 ereignet, als die damals 24-jährige Frau in einem Prion-Forschungslabor tätig war. Sie hatte dort mit gefrorenen Hirnschnitten von transgenen Mäusen hantiert. Die Tiere trugen die menschliche Variante des Prion-Gens mit der Aminosäure Methionin an Position 129. Diese Variante erhöht nach den Erfahrungen der BSE-Epidemie die Anfälligkeit von Menschen auf eine nvCJD.
Mehr als 7 Jahre später, im November 2017, bemerkte die Frau einen „brennenden Schmerz“ an der rechten Schulter und im Hals, der sich in den folgenden 6 Monaten auf die rechte Seite ihres Körpers ausbreitete. Ein Jahr später, im November 2018, ließ sie erstmals ihren Liquor cerebrospinalis untersuchen. Der Befund war normal.
Im Januar 2019 entwickelte sie Depressionen, Angstzustände, Gedächtnisstörungen und Halluzinationen. Im März 2019 fiel ein PMCA-Test („Protein Misfolding Cyclic Amplification“) in Liquor und Blut positiv aus. Der Test weist fehlgefaltete Prion-Proteine nach. Ein Gentest ergab, das die Frau homozygot auf Methionin im Codon 129 war, was eine erhöhte Anfälligkeit auf eine nvCJD anzeigt. Sie starb im Juni 2019, etwa 19 Monate nach dem Auftreten der ersten Symptome.
Das Team um Stéphane Haïk vom Forschungsinstitut INSERM Unité 1127 in Paris ist sicher, dass die Frau sich bei der Nadelstichverletzung mit den BSE-Prionen infiziert hat. Alternativ wäre eine Infektion im Kindesalter möglich, da die Frau zu Beginn der BSE-Epidemie Ende der 1980er Jahre geboren wurde. Damals waren auch in Frankreich Rinder an BSE erkrankt. Sie könnte sich als Kind durch den Verzehr mit infiziertem Rindfleisch infiziert haben.
Die „Inkubationszeit“ von mehr als 20 Jahren wäre jedoch ungewöhnlich lang. Die 7,5 Jahre seit der Nadelstichverletzung erscheinen den französischen Forschern deshalb plausibler zu sein. In Italien ist im Jahr 2016 ebenfalls ein Patient an nvCJD gestorben, der zuvor im Labor mit BSE-infiziertem Hirngewebe hantiert hatte. Der Patient konnte sich jedoch nicht an eine Verletzung erinnern. © rme/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema
