Politik
Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen wird Kassenleistung
Donnerstag, 16. Juli 2020
Berlin – Die Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen sowie die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen werden künftig unter bestimmten Voraussetzungen von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute mit einer ersten Rahmenrichtlinie entschieden. Ausgeschlossen sind zunächst unter 18-Jährige sowie generell Frauen ab 40 und Männer ab 50 Jahren.
Wie der G-BA betonte, bestünden für minderjährige weibliche Versicherte nach aktueller Rechtslage im Zusammenhang mit Arzneimittelzulassungen Hürden. Dabei geht es um Zulassungseinschränkungen für den Einsatz der Hormone bei unter 18-Jährigen.
Darüber hinaus habe der G-BA bei einer Leitlinienrecherche festgestellt, dass die Verfahren zur Kryokonservierung von Keimzellgewebe bisher nicht ausreichend standardisiert seien. Diese Fragen sollen in einem sich anschließenden Folgeverfahren geklärt werden.
„Wir haben internationale Leitlinien geprüft und Kontakte zu Experten und Registern aufgenommen und werden die verfügbare Evidenz in einem Folgeverfahren auswerten“, sagte Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung heute.
Die Altesgrenze bei 18 Jahren hatte bereits bei den Entwürfen der Richtlinie für Streit gesorgt. Betroffenenvertretern hatten erklärt, dass es nicht sein könne, dass die Krankenkassen die Fruchtbarkeitsbehandlung für eine 18-Jährige bezahlten, für eine 17,5-Jährige aber nicht.
„Das geht überhaupt gar nicht“, hatte der Vorsitzende des Kuratoriums der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs, Mathias Freund, erklärt. Mädchen unter 18 Jahren müssten die gleiche Chance auf eine solche Behandlung bekommen.
Der Gesetzgeber hatte mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) entschieden, dass Krankenkassen für junge Erwachsene, die an Krebs erkrankt sind, die Kosten für eine Kryokonservierung tragen müssen.
Festgelegt wurde eine obere Altersgrenze, aber keine Untergrenze. Die Details sollte der G-BA in einer Richtlinie regeln. Die Kryokonservierung soll Patienten die Möglichkeit eröffnen, einen Kinderwunsch auch nach keimzellschädigender Therapie später durch künstliche Befruchtung zu erfüllen.
Die neue Richtlinie sieht eine umfassende Beratung der Versicherten durch bestimmte Fachärzte in einem zweistufigen Verfahren vor. Es muss eine Erstberatung im Rahmen der Behandlung der Grunderkrankung geben sowie eine vertiefte fachliche Beratung zur Keimzellentnahme und zur Kryokonservierung.
Zur Durchführung der vertieften fachlichen Beratung sind nach der Richtlinie bei weiblichen Versicherten Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin berechtigt. Bei männlichen Versicherten sind dies Fachärzte mit der Zusatzweiterbildung Andrologie.
Für Patienten, die aufgrund einer Erkrankung und deren Behandlung mit einer keimzellschädigenden Therapie ihre Eizellen oder Samenzellen oder das männliche Keimzellgewebe bereits haben kryokonservieren lassen oder die mit den Maßnahmen zur Kryokonservierung im Sinne dieser Richtlinien bereits begonnen haben, ist eine Übergangsregelung vorgesehen. Ab dem Tag des Inkrafttretens der Vergütungsregelungen bestehe im konkreten Einzelfall Anspruch auf Kryokonservierung und die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen, so der G-BA.
Der Beschluss tritt erst in Kraft, wenn das Bundesministerium für Gesundheit ihn nicht beanstandet. Die Leistungen können erst dann erbracht werden, wenn der Bewertungsausschuss über die Höhe der Vergütung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab entschieden hat. © may/aerzteblatt.de

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