Politik
Vertragsärzte fordern Kurswechsel bei Digitalisierungspolitik
Freitag, 24. Juli 2020
Berlin – Die Vertragsärzte fordern von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen Kurswechsel bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. In einem offenen Brief der drei Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) an den Minister kritisieren sie die Rahmenbedingungen für die Digitalisierungsprojekte, die „von den Niedergelassenen zunehmend nicht mehr toleriert würden“.
Man sei sich zwar der Notwendigkeit der Digitalisierung bewusst. Aber: „Unsere Vertragsärzte und -psychotherapeuten wollen eine aktive Rolle bei der Digitalisierung und ihrer praktischen Umsetzung spielen, soweit diese eine Verbesserung der medizinischen Versorgung der Patienten dient“, heißt es in dem Brief.
Diesem Schreiben waren mehrere Briefwechsel zwischen Bundesgesundheitsministerium (BMG) und den Vertragsärzten sowie eine Diskussion zwischen der KBV und einzelnen KVen vorausgegangen. Inzwischen hatte auch das BMG mit einer Ersatzvornahme gedroht, sofern die Vertragsärzte die Vorgaben nicht fristgerecht umsetzten. „Die Androhung wird die Haltung der Vertragsärzte nicht ändern“, heißt es nun in dem Schreiben.
Daher fordern die Vorstände in einem Sieben-Punkte-Plan gemeinsam, den Nutzen der Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) auch den Ärzten deutlich zu machen sowie Sanktionen fallen zu lassen. „Gegenwärtig ist den Niedergelassenen der Mehrwert digitaler Anwendungen nicht mehr zu vermitteln. Die Vertragsärzte haben die Pflichten, die späteren Datennutzer wie zum Beispiel Krankenkassen und Arbeitgeber aber den Vorteil in Form von besseren und schnelleren Informationen.“
Auch müssten die Kosten für „technisches Versagen dieser Systeme“ oftmals selbst getragen werden, gleichzeitig werde mit Sanktionen gedroht, „wenn sie nicht fristgemäß Anwendungen implementieren, die entweder noch nicht verfügbar oder technisch unausgereift sind“. Wenn die Systeme noch nicht funktionierten, müsse es ein „dauerhaftes Ersatzverfahren“ geben.
aerzteblatt.de
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Auch fordern die Vertragsärzte, dass die „Zeiträume für die Einführung digitaler Anwendungen“ besser auf „Plausibilität und Machbarkeit“ geprüft werden müssten. Dazu gehöre auch, dass die Androhungen von Sanktionen fallengelassen werden. Das „erzeugt unnötige Widerstände und ist daher kontraproduktiv.“
Die Kosten der Anbindung an die TI sowie die Kosten aufgrund der Datenschutzfolgeabschätzung müssen „angemessen finanziert“ werden. Für die Ausgestaltung der IT-Sicherheitsrichtlinie solle zudem sichergestellt werden, „dass die technischen Anforderungen sinnvoll tragbar“ und die Kosten für die Praxen „vorab abschließend geklärt“ sein müssen.
Um unabhängiger von Industrieentwicklungen zu sein, fordern die Vorstände, dass das KV-System künftig selbst die Möglichkeiten bekommen soll, eigene Lösungen für Praxisverwaltungssysteme zu entwickeln und ihren Mitgliedern in den KVen zur Verfügung zu stellen. © bee/aerzteblatt.de

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