Medizin
SARS-CoV-2: Wie eine Übertragung von der Mutter auf das Neugeborene vermieden werden kann
Montag, 27. Juli 2020
New York – Mütter, die mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind, können ihre Säuglinge gefahrlos stillen, wenn bestimmte Vorsichtsmaßnahmen wie Mundschutz und Händehygiene beachtet werden. Dies zeigen die Erfahrungen aus drei New Yorker Kliniken in Lancet Child & Adolescent Health Studie (2020; DOI: 10.1016/ S2352-4642(20)30235-2), die bereits zu einer Änderung der US-Empfehlungen geführt haben.
Für viele Geburtskliniken stellt sich während der COVID-19-Pandemie die Frage, ob sie Neugeborene von infizierten Müttern trennen sollten. Die American Academy of Pediatrics hatte sich in einer ersten Empfehlung dafür ausgesprochen, das Kind in einem anderen Raum unterzubringen und mit der abgesaugten Muttermilch zu füttern.
Eine Übertragung mit der Muttermilch wird wie bei anderen respiratorischen Viren ausgeschlossen, auch eine vertikale Weitergabe des Virus unter der Geburt muss nach derzeitigem Kenntnisstand nicht befürchtet werden. Bei einem engen körperlichen Kontakt besteht aber die Gefahr einer horizontalen Weitergabe des Virus.
An drei Kliniken in New York haben sich die Neonatologen teilweise gegen eine strenge Trennung von Mutter und Kind entschieden. Sie folgten damit einer Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), für die bei einer Trennung von Mutter und Kind die Nachteile überwiegen. Den Müttern fällt es dann schwerer, eine emotionale Bindung zu ihrem Kind aufzubauen. Außerdem kommt es selten zum erfolgreichen Stillen, wenn die Kinder bereits einmal mit der Flasche gefüttert wurden, auch wenn diese Muttermilch enthält.
Die Kinder blieben in den drei Kliniken im gleichen Raum wie die Mütter. Sie wurden allerdings in einer „Isolette“ etwa 1,8 Meter von der Mutter entfernt untergebracht, aus der sie nur zum Stillen entnommen wurden. Die Mütter trugen während des Stillens einen Mund-Nase-Schutz und desinfizierten sich vor und nach dem Stillen die Hände.
Auf dem Höhepunkt der Epidemie zwischen März und Mai wurden an den drei Kliniken insgesamt 120 Neugeborene von 116 mit SARS-CoV-2 infizierten Müttern betreut, von denen 47 asymptomatisch waren.
Wie Christine Salvatore vom Komansky Children’s Hospital und Mitarbeiter berichten, fielen die Nasenabstriche bei allen Kindern bei der Geburt negativ aus. 82 Kinder konnten eine Woche später erneut getestet werden. Alle 82 waren weiter negativ. Insgesamt 68 Babys waren im gleichen Zimmer wie die Mutter untergebracht worden und mehr als drei Viertel wurden gestillt. Insgesamt 72 Babys konnten 14 Tage nach der Geburt erneut getestet werden. Alle waren negativ. Insgesamt 53 Babys wurden einen Monat nach der Geburt per Videokonferenz einer Fernuntersuchung unterzogen. Alle waren laut Salvatore klinisch gesund und entwickelten sich normal.
Auch wenn die Ärzte den Kontakt zu einem Drittel der Kinder verloren und nicht ganz auszuschließen ist, dass sich darunter Infektionen befanden, sind sie zuversichtlich, dass ihre Vorsichtsmaßnahmen eine Infektion verhindern. Dieser Ansicht ist auch die American Academy of Pediatrics, die aufgrund der Studie ihre Empfehlungen revidiert hat und jetzt die Unterbringung von Neugeborenen im Zimmer mit den infizierten Müttern erlaub. © rme/aerzteblatt.de

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