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Medizin

Lithium im Trinkwasser könnte Suizidrate senken

Freitag, 14. August 2020

/Dmitry Naumov, stock.adobe.com

Brighton – In Regionen mit einer hohen Konzentration von Lithium im Trinkwasser kommt es seltener zu Suiziden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Meta-Analyse von ökologischen Studien im British Journal of Psychiatry (2020; DOI: 10.1192/bjp.2020.128).

Das Leichtmetall Lithium ist in vielen Mineralien und Gesteinen enthalten, aus denen es mit dem Regen ausgespült wird. Lithium ist deshalb im Trinkwasser und damit auch in einigen Nahrungsmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern und Milchprodukten enthalten.

In der Medizin wird es seit Mitte des letzten Jahrhunderts bei Patienten mit bipolaren Störungen zur Prävention und Behandlung von manischen Episoden eingesetzt. Eine suizidpräventive Wirkung des „Stimmungsstabilisators“ Lithium gilt als medizinisch erwiesen. In kontrollierten Studien hat es die Rate der Selbsttötungen um 87 % gesenkt (BMJ 2013; DOI: 10.1136/bmj.f3646).

Die Konzentration von Lithium im Trinkwasser liegt um mehrere Größenordnungen unter der Dosis der zugelassenen Medikamente. Mit dem Trinkwasser wird Lithium jedoch dauerhaft aufgenommen, wobei die Exposition bereits vor der Geburt beginnt, was sich auf die psychische Konstitution eines Menschen auswirken könnte.

Über eine suizidpräventive Wirkung von Lithium im Trinkwasser wird seit längerem diskutiert. In ökologischen Studien wird dabei die Konzentration in einer Region mit der Zahl der Suizide in Verbindung gesetzt.

Ein Team um Anjum Memon von der Brighton & Sussex Medical School hat jetzt die Ergebnisse aus 15 Studien zusammengefasst, die seit 1948 durchgeführt wurden. Sie ergaben in der Gesamtschau eine inverse, sprich protektive Assoziation zwischen der Konzentration im Grundwasser und der Suizidrate in der Bevölkerung, wobei die Auswirkung bei Männern etwas stärker war als bei Frauen.

Die Aussagekraft von ökologischen Studien ist allerdings begrenzt. Es beginnt damit, dass die Lithiumkonzentration nur vereinzelt im Trinkwasser bestimmt wird. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung auch über Nahrungsmittel Lithium (und einige Menschen auch als Medikament) aufnehmen, was sich in den Studien nur schwer berücksichtigen lässt.

Lithium war beispielsweise bis in die 1950er Jahre ein Bestandteil des Erfrischungs­getränks „7 Up“. Auch lässt sich die Häufigkeit von Suiziden in einer Gesellschaft häufig nicht genau bestimmen.

Um die Wirkung zu belegen, müsste Lithium in einer randomisierten Studie in Teilen eines Landes dem Trinkwasser zugesetzt werden. Memon schlägt tatsächlich eine solche Studie vor. Dass es dazu kommt, muss aber bezweifelt werden, obwohl Suizide ein häufiges Problem sind.

Weltweit sterben jedes Jahr über 800.000 Menschen durch Selbstmord. In der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren sind sie sogar die häufigste Todesursache. © rme/aerzteblatt.de

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