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Politik

COVID-19: Drosten schlägt neues Konzept für Infektionseindämmung vor

Freitag, 7. August 2020

Christian Drosten /picture alliance, Christophe Gateau

Berlin – Für eine gezielte Eindämmung von SARS-CoV-2-Clustern spricht sich Christian Droste, Direktor des Instituts für Virologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, aus. In der Kontakthistorie eines erkannten Falls solle gezielt nach bekannten Clusterrisiken gesucht werden.

In einem Gastbeitrag für Die Zeit weist Drosten darauf hin, dass die Ausweitung der Coro­natests in Verbindung mit einer möglichen zweiten Welle zu einer Überlastung des Öff­ent­lichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) führen könnte. Die Gesundheitsämter müssten dann auf viele, unter Umständen zu viele, positive Tests reagieren.

Auf Infektionsquellen fokussieren

Um in einer solchen Überlastungssituation arbeitsfähig zu bleiben, bräuchten die Ämter einen „Krisenmodus“. Die Stragie müsse dann, so Drosten, weg von einer Kontaktnachver­fol­gung jedes Infizierten hin zu einer schnellen Reaktion bei möglichen Clustermitglie­dern angepasst werden.

Durch eine Fokussierung auf die mögliche Infektionsquelle könne ein diagnostizierter Coronapatient zum Anzeiger eines unerkannten Quellclusters werden. Die identifizierten Mitglieder eines solchen Quellclusters müssten sofort in Quarantäne – denn diese könn­ten hochinfektiös sein, ohne es zu wissen.

Derzeit stünden die Amtsärzte unter dem Druck, erst umfassend zu testen, bevor für gan­ze Cluster Quarantänemaßnahmen verhängt werden. Dafür bleibe aber unter Umständen keine Zeit, betont Drosten.

Infektiosität stärker berücksichtigen

Im Rahmen der vorgeschlagenen Strategie sollte man laut Drosten bei den Testungen zudem verstärkt den Aspekt der Infektiosität berücksichtigen. „Würden wir uns zutrauen, aus den inzwischen vorliegenden wissenschaftlichen Daten eine Toleranzschwelle der Viruslast abzuleiten, könnten Amtsärzte diejenigen sofort aus der Abklingzeit entlassen, deren Viruslast bereits unter die Schwelle gesunken ist.“

Der bei drohender Überlastung anwendbare „Krisenmodus“ – mit vereinfachter Kontakt­über­wachung, Festlegung von Clustersituationen und der kurzen Abklingzeit mit Restvi­rus­last – würde es erlauben, dass Personal des ÖGD passgenau einzusetzen.

„Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgt, dass der Staat die möglicherweise infek­tiösen Bürger nicht übermäßig belasten darf, die möglicherweise von einer Infektion be­drohten Bürger aber auch nicht vor jeder Ansteckungsgefahr schützen muss“, kommen­tierte Jochen Taupitz, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Deutsches, Europäi­sches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim, das Konzept.

Gesundheitsämter besser ausstatten

Es müsse also eine vertretbare Abwägung stattfinden. Sofern der Vorschlag vom Virolo­gen Drosten als medizinisch vertretbar bewertet wird, dürfe der Staat ihm folgen.

Angesichts der wieder steigenden Infektionszahlen warnten Experten bereits vor Prob­lemen für die Ge­sundheitsämter. Die Gesundheitsämter müssten im Notfall Verstärkung bekommen, forderte etwa Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesund­heitsdienstes (BVÖGD).

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte, ähnlich wie auch Drosten, eine stärkere Konzentration auf „Super­spreader“ beim Verfol­gen von Infektionsketten gefordert. © aha/aerzteblatt.de

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