Medizin
Yoga lindert Angststörungen in Studie
Donnerstag, 13. August 2020
New York – Eine Einweisung in das Kundalini-Yoga, eine in westlichen Ländern populäre Variante der geistigen und körperlichen Übungen aus dem indischen Kulturkreis, hat in einer randomisierten Studie generalisierte Angststörungen häufiger gelindert als Vorträge zum Stressmanagement. Die Wirkung war nach den in JAMA Psychiatry (2020, DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2020.2496) vorgestellten Ergebnissen jedoch schwächer als nach einer kognitiven Verhaltenstherapie, die sich auch als nachhaltiger erwiesen hat.
Generalisierte Angststörungen sind in westlichen Ländern in den vergangenen Jahrzehnten deutlich häufiger geworden. Nur die wenigsten Patienten suchen jedoch ärztliche Hilfe auf, was häufig auch an den begrenzten Kapazitäten gerade in ländlichen Regionen scheitert.
Yoga-Übungen könnten für viele Patienten eine Alternative zur ärztlichen Behandlung sein. Kurse werden heute in vielen Bildungseinrichtungen oder von privaten Lehrern angeboten. Die Betroffenen können die Übungen nach einer Einweisung auch zuhause in der Wohnung durchführen. Das Ziel von Yoga ist keinesfalls das Erlernen von akrobatischen Haltungen. Im Kern ist Yoga eine meditative Technik, die den Geist durch Atemübungen in einen Zustand der Entspannung und Achtsamkeit versetzen soll.
Zu den möglichen Auswirkungen zählt auch der Abbau von Ängsten. Yoga ist bereits in früheren Studien zur Behandlung von generalisierten Angststörungen eingesetzt worden. Die Ergebnisse waren jedoch nicht eindeutig.
Die Gate-Studie („Generalized Anxiety - A Treatment Evaluation“) soll hier für Klarheit sorgen. An der Studie nahmen 230 Erwachsene teil, bei denen eine generalisierte Angststörung nach dem Diagnosemanual DSM-5 festgestellt worden war.
Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip auf drei Gruppen verteilt. Die erste Gruppe erhielt eine kognitive Verhaltenstherapie mit der bewährten Abfolge von Psychoedukation, kognitiver Umstrukturierung, progressiver Muskelentspannung, Sorgenexposition und In-vivo-Expositionsübungen.
Die zweite Gruppe nahm an Übungen zum Kundalini-Yoga teil, die von einem lokalen Yoga-Zentrum durchgeführt wurden. Die dritte Gruppe wurde in Vorträgen zu den Ursachen und Auswirkungen von Stress informiert (Psychoedukation). Diese Fortbildung zum Thema Stress erzielt nach Auffassung der meisten Experten nur eine minimale Wirkung.
Dies war auch in der Gate-Studie der Fall. Endpunkt der Studie war die Einschätzung der generalisierten Angststörung durch einen Therapeuten. Wenn dieser den Eindruck hatte, dass die Ängste deutlich oder sehr deutlich zurückgegangen waren, wurde dies als Erfolg gewertet.
Wie Naomi Simon von der Grossman School of Medicine in New York und Mitarbeiter berichten, kam es nach dem 12-wöchigen Yoga-Kurs bei 54,2 % zu der erhofften Verbesserung gegenüber 33,0 % nach der Psychoedukation. Die Odds Ratio von 2,46 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,12 bis 5,42 signifikant. Die Number Needed to Treat, die angibt, auf wie viele Patienten eine erfolgreiche Behandlung kommt, betrug 4,59 (2,52 bis 46,19), was einen klinisch relevanten Nutzen anzeigt.
Noch besser als die Yoga-Übungen hat die kognitive Verhaltenstherapie gewirkt. Die Erfolgsrate betrug hier 70,8 %. Simon ermittelte eine Odds Ratio im Vergleich zur Psychoedukation von 5,00 (2,12 bis 11,82) mit einer Number Needed to Treat von 2,62 (1,91 bis 5,68). Ein niedriger Wert zeigt hier einen größeren klinischen Nutzen an.
Ein Vorteil der kognitiven Verhaltenstherapie ist, dass sie häufig eine nachhaltige Wirkung erzielt. Tatsächlich war die Erfolgsrate bei einer Nachuntersuchung auf 76,7 % gestiegen. Der Unterschied zur Psychoedukation war weiter signifikant, auch wenn in dieser Gruppe die Erfolgsrate auf 48,0 % gestiegen war. In der Yoga-Gruppe war die Erfolgsrate ebenfalls leicht auf 63,2 % gestiegen. Der Unterschied zur Stress-Schulung war jedoch nicht mehr signifikant.
Auch wenn die Yoga-Übungen nicht die gleiche nachhaltige Wirkung erzielten wie die kognitive Verhaltenstherapie, könnte sie nach Ansicht von Simon einen Stellenwert in der Behandlung von generalisierten Angststörungen haben. Da derzeit viele Patienten nicht behandelt werden können oder auch Hemmungen haben, eine Behandlung in Anspruch zu nehmen, sei es wichtig, den Betroffenen möglichst viele Optionen anbieten zu können, zu denen auch Yoga-Übungen gehören sollten. © rme/aerzteblatt.de

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