Ärzteschaft
Bundesärztekammer legt Plan für effektives Krisenmanagement vor
Freitag, 21. August 2020
Berlin – Auch wenn in Deutschland in der Bewältigung der Coronakrise viel richtig gemacht wurde, hat die Krise nach Ansicht der Bundesärztekammer (BÄK) einige Schwachstellen in der Organisation des Gesundheitswesens offengelegt. Die BÄK hat heute darauf mit einem Zehn-Punkte-Programm für ein effektives Krisenmanagement reagiert, das unter anderem Verbesserungen bei der Ausstattung der Gesundheitsämter, bei den Meldestrukturen oder bei der Finanzierung der Kliniken und Praxen anmahnt.
Jeder dieser Bereiche sei in der gegenwärtigen Krise „systemrelevant“, sagte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt heute. Dieses Papier sei ein Erfahrungsbericht aus dem Gesundheitswesen und ein wichtiger Ratgeber von ärztlichen Praktikern für die Politik. „Wir müssen deshalb jetzt die Hebel umlegen und diese Defizite beseitigen“, so Reinhardt. Dann werde man auch den weiteren Verlauf der Pandemie gut meistern.
Die Bundesärztekammer hebt in ihrem Papier hervor, dass ein Kollaps des Gesundheitswesens nur durch die beispiellose Einsatzbereitschaft von Ärzten sowie Angehörigen der anderen Gesundheitsfachberufe verhindert werden konnte. Und das, obwohl es in der Hochphase der Pandemie kaum Schutzausrüstung für Kliniken und Praxen gegeben habe. Für den Ernstfall müssten deshalb Reserven für Masken und andere relevante Medizinprodukte angelegt werden.
Notwendig sind für die BÄK außerdem mehr innereuropäische Produktionsstandorte, um sich von den Weltmärkten unabhängiger zu machen. Daher seien europaweit vernetzte Meldestrukturen und der Aufbau einer zentralen Koordinierungsstelle erforderlich. Diese müsse in der Lage sein, kurzfristig Auftragsvergabeverfahren für dringend benötigte Arzneimittel oder Schutzausrüstung in die Wege zu leiten – und die Verteilung zu organisieren.
Im Infektionsschutzgesetz sollten darüber hinaus feste Krisenstäbe mit klar definierten Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten angelegt werden. In den Kliniken müssen laut BÄK Personalressourcen und Reservekapazitäten im Rahmen der Krankenhausplanung definiert, umgesetzt und finanziert werden.
Die Praxen benötigten unter anderem eine angemessene Gegenfinanzierung zum Beispiel für Umbauten zum Schutz von Personal und Patienten sowie für die Umstellung des Praxismanagements, heißt es. Als wichtig erachtet die BÄK es auch, zertifizierte Videokonferenzmöglichkeiten zu schaffen und flächendeckend auszubauen. Ebenso sei ein besserer Zugang für Ärzte zu Wissensdatenbanken und zu aktuellen Forschungsergebnissen erforderlich.
Eine besondere Rolle spielen in der Pandemie die Gesundheitsämter. Diese müssen „dringend“ besser ausgestattet werden. Notwendig seien mehr materielle und personelle Ressourcen, so die BÄK. Neben modernen digitalen Kommunikationssystemen müssten auch Anreize für Ärzte geschaffen werden, im Öffentlichen Gesundheitsdienst tätig zu werden. Dafür sei eine tariflich gesicherte, arztspezifische Vergütung der Amtsärzte unabdingbar.
Zur ärztlichen Nachwuchsförderung insgesamt sieht die Bundesärztekammer die Länder in der Pflicht, zusätzliche Finanzmittel für eine ausreichende Zahl von Studienplätzen in der Humanmedizin bereitzustellen.
Kritisch bewertet die BÄK auch die Teststrategie für medizinische Einrichtungen und Arztpraxen. Das Konzept mahnt eine einheitliche und verbindliche Teststrategie an, die „indizierte Testungen sowohl für Patienten als auch für die Gesundheitsfachberufe“ vorsieht.
Mit Blick auf einen möglichen Impfstoff fordert die Ärzteschaft, bereits vorhandene Produktionsstandorte in Deutschland auszubauen. Auf internationaler Ebene seien darüber hinaus Abkommen über gemeinsame Forschung, Herstellung sowie Verteilung von Medikamenten und Impfstoffen notwendig. © may/EB/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema

