Vermischtes
COVID-19: Pandemie beschleunigt Innovationen im Gesundheitswesen
Mittwoch, 26. August 2020
Berlin – Telemedizin und Corona-Warn-App oder Maskenbeschaffung und Forschungszusammenarbeit: In kaum einem anderen Wirtschaftszweig hat die aktuelle Pandemie so viele Innovationen und politische Veränderungen vorangetrieben, wie in der Gesundheitswirtschaft. Über diese Entwicklungen diskutierten gestern Experten auf einem digitalen Forum des Tagesspiegels.
Die Coronakrise habe gezeigt, wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitssystem und wie essenziell ein Datenaustausch in der Forschung ist, sagte der Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung der Senatskanzlei Berlin, Steffen Krach. Im internationalen Vergleich müsse Deutschland jedoch aufholen.
Dafür benötige es nicht allein mehr Geld – die bisherigen Investitionen in die Digitalisierung würden auf Dauer ohnehin nicht ausreichen – sondern auch einen Mentalitätswechsel.
„Wir müssen deutlich offensiver die Vorteile der Digitalisierung im Gesundheitswesen darstellen und vermitteln“, sagte Krach. Er finde es „nicht nachvollziehbar“, dass es keinen wirklichen Datenaustausch in Deutschland gebe, nicht einmal zwischen einzelnen Krankenhäusern in Berlin.
„Wir sollten Datenschutz und Digitalisierung nicht gegeneinander ausspielen“, merkte er an. Beide könnten sich wechselseitig voranbringen.
Versorgungssicherheit statt Profitmaximierung
Einen weiteren Mentalitätswechsel hielt der Staatssekretär für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung des Landes Berlin und Mitglied des Krisenstabs der Hauptstadt, Martin Matz, für notwendig. „Die reine betriebswirtschaftliche Argumentation – man produziert oder kauft dort ein, wo es am günstigsten ist – wird abgelöst durch die Frage nach der Versorgungssicherheit“, erklärte er.
Nach der Pandemie dürften Politik und Wirtschaft „nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen und dieselben Mechanismen wie vorher befördern“, sagte Matz. Man müsse stattdessen nachhaltig bereit sein, „die Globalisierung wie sie bisher funktioniert hat, infrage zu stellen“.
Beim Thema Datenschutz und Datensouveränität müsse die Politik „sensibel bleiben“. Die große und zügig geführte Grundsatzdiskussion bei der Corona-Warn-App habe gezeigt, wie schnell die Digitalisierung umsetzbar sei. Gemeinsame Aufgabe müsse es aber sein – da stimmte er seinem Senatskollegen zu – das Vertrauen der Patienten in die Digitalisierung zu stärken und nicht durch negative Erfahrungen zu beschädigen.
Digitalisierung läuft überall unterschiedlich schnell
Die Nachfrage der Patienten nach digitalen Anwendungen werde künftig zunehmen, glaubt der Sprecher für Gesundheit und Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Landesfraktion in Berlin, Tim-Christopher Zeelen.
„Es ist eben nicht komfortabel, krank quer durch die Stadt zu fahren und sich in ein volles Wartezimmer zu setzen. Es ist nicht komfortabel seine Daten auf verschiedenen Trägern zu haben“, erläuterte er.
Die digitalen Entwicklungen müssten daher die Patientensicht stärker einbeziehen. Er habe aber auch Verständnis für die berechtigten Fragen niedergelassener Ärzte nach der Finanzierung und Umsetzung der neuen digitalen Anforderungen.
Es gebe derzeit sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten der Digitalisierung in verschiedenen Bereichen, erläuterte Zeelen. Start-Ups und Unternehmen könnten vieles schneller umsetzen als die Krankenhäuser. Und unter Krankenhäusern und Praxen gebe es wiederum große Unterschiede, besonders zwischen Stadt und Land.
Digitalisierung als „Gewinnerin der Krise“
Insgesamt sei die Digitalisierung „die Gewinnerin der Krise“, sagte Benjamin Grimm, Staatssekretär in der Staatskanzlei des Landes Brandenburg und Beauftragter für Medien und Digitalisierung. Die Pandemie berge die Chance, neue Lösungsansätze für die Digitalisierung im Gesundheitswesen hervorzubringen.
Grundsätzlich sei er der Überzeugung, dass „nur mit einer soliden digitalen Vernetzung der verschiedenen Sektoren künftig eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung in Brandenburg sichergestellt werden kann.“
„Telematik und Telemedizin überwinden in Zeiten des Abstands Distanzen und bieten große Chancen, einerseits die medizinische Versorgung zu verbessern und andererseits die Beschäftigten im Gesundheitswesen bei ihrer Arbeit spürbar zu entlasten“, erklärte Grimm.
Die Akzeptanz für Digitalisierung würde in der Bevölkerung weiter anwachsen. Gleichzeitig sollten Vorurteile unter Ärztinnen und Ärzten stärker abgebaut werden, beispielsweise durch mehr Transparenz der Gesundheitsapps. Zudem müssten die Vorteile für alle, Patienten wie Ärzte, nachvollziehbarer gemacht werden, sagte er. © jff/aerzteblatt.de

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