Politik
Hälfte der Krankenhäuser erzielt Erlöszuwächse durch Ausgleichszahlungen
Mittwoch, 26. August 2020
Berlin – Der Beirat, der die Auswirkungen des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes auf die Krankenhäuser untersuchen sollte, hat seinen Abschlussbericht vorgelegt. Darin empfiehlt er, die Maßnahmen des Gesetzes nicht über den 30. September hinaus aufrechtzuerhalten.
Zu diesen Maßnahmen zählen insbesondere die Zahlung einer Pauschale für nicht belegte Betten, Fördermittel für zusätzlich eingerichtete Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit sowie die Zahlung einer Pauschale für die Refinanzierung persönlicher Schutzausrüstung für Klinikmitarbeiter. Diese Maßnahmen laufen zum 30. September aus.
Der Beirat geht allerdings davon aus, „dass Auswirkungen des Coronavirus SARS-CoV-2 auf die Krankenhäuser über den 30. September 2020 hinweg bestehen bleiben werden“, heißt es in dem Abschlussbericht.
„Unter der Annahme, dass ein erneuter möglicher Anstieg von COVID-19-Fallzahlen unter deutlich verbesserten Rahmenbedingungen zur Bewältigung der Coronapandemie als noch im März 2020 erfolgt, sind zwar eine flächendeckende Freihaltung von Bettenkapazitäten wie auch der Aufbau von Kapazitäten für die intensivmedizinische Behandlung nicht mehr erforderlich.“ Jedoch sei zu erwarten, dass die Krankenhäuser – in unterschiedlicher Ausprägung – weiterhin von Einschränkungen betroffen sein würden.
Erlösausfälle vor Ort verhandeln
Deshalb sieht es der Beirat als sachgerecht und notwendig an, „Maßnahmen zu ergreifen, um einzelne Krankenhäuser bei coronabedingten Erlösausfällen und coronabedingten Mehrkosten im Bedarfsfall abzusichern“. Dies soll krankenhausindividuell geschehen, da weitere finanzielle Folgen des Coronavirus voraussichtlich regional wie krankenhausindividuell unterschiedlich ausfallen würden.
Der Beirat schlägt vor diesem Hintergrund vor, dass „das einzelne Krankenhaus zum Ausgleich coronabedingter Erlösausfälle unter Berücksichtigung der Ausgleichszahlungen die Erlöse des Jahres 2020 ermittelt und diese den Erlösen des Jahres 2019 gegenüberstellt“.
Im Fall eines Erlösrückgangs könne das Krankenhaus mit den Kostenträgern vor Ort und im Rahmen der von dem GKV-Spitzenverband, dem Verband der privaten Krankenversicherung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft bundeseinheitlich festgelegten Vorgaben einen Erlösausgleich vereinbaren.
BMG greift Vorschläge auf
„Zudem werden bundeseinheitliche Rahmenbedingungen für befristete krankenhausindividuelle Zuschläge gesetzt, die von den Vertragsparteien vor Ort zur Finanzierung von Mehrkosten, die aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 im Zusammenhang mit der voll- oder teilstationären Behandlung von Patientinnen und Patienten entstehen, vereinbart werden können“, heißt es in dem Bericht.
Diese Vorschläge hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bereits aufgegriffen und in den Gesetzentwurf des Krankenhauszukunftsgesetzes aufgenommen.
Erlöszuwächse sind bei kleinen Häusern am höchsten
Um eine Grundlage für die Empfehlungen zu haben, wurden zwei Mitglieder des Beirats, Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin und Boris Augurzky vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, damit beauftragt, die Abrechnungsdaten der Krankenhäuser vom 1. Januar bis zum 31. Mai dieses Jahres mit den Mittelwerten der Jahre 2018 und 2019 zu vergleichen.
„Im Durchschnitt konnten durch die Freihaltepauschale leichte Erlöszuwächse gegenüber dem Vorjahreszeitraum verzeichnet werden, wobei sich deutliche Unterschiede zwischen den Häusern zeigten“, heißt es in dem Abschlussbericht.
„Insgesamt konnte durch die pauschalen Ausgleichszahlungen rund die Hälfte der somatischen Krankenhäuser ihre Erlössituation verbessern. Die Erlöszuwächse beliefen sich über alle Häuser auf durchschnittlich rund zwei Prozent.“ Die Erlöszuwächse seien bei kleineren Krankenhäusern am höchsten ausgefallen, mit zunehmender Krankenhausgröße seien sie jedoch gesunken, heißt es weiter.
„Krankenhäuser mit über 800 Betten verzeichneten Erlösrückgänge, Universitätskliniken hierbei von minus sechs Prozent“, schreibt der Beirat. „Psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen konnten im Durchschnitt Erlöszuwächse von acht bis neun Prozent verzeichnen. Durch die pauschalen Ausgleichszahlungen konnten zwei Drittel der psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen ihre Erlössituation verbessern.“
Der Beirat hat sich darüber hinaus auch mit der Zahl der von den Krankenhäusern zusätzlich geschaffenen Intensivbetten befasst. Im Juni hatte BMG-Staatssekretär Thomas Steffen einen Brief an die Bundesländer geschrieben, in dem er diese darum gebeten hatte zu überprüfen, wie viele Intensivbetten tatsächlich in den einzelnen Ländern zusätzlich bereitgestellt wurden.
Denn es gab eine Diskrepanz zwischen der Zahl der Intensivbetten, für die die Krankenhäuser bei den Bundesländer Fördergelder beantragt hatten, und der Zahl der Intensivbetten, die im Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) gemeldet waren.
„Hierbei wurde insbesondere deutlich, dass es einer unmissverständlichen Definition eines Intensivbetts bedarf, um die tatsächlich vorhandenen Kapazitäten korrekt bemessen zu können“, heißt es in dem Abschlussbericht. „Hierzu erfolgte eine Abstimmung zwischen dem BMG und dem Robert-Koch-Institut mit dem Ziel der Herstellung von Transparenz der insgesamt geförderten Intensivbetten.“
Zum Hintergrund: Fördergelder können die Krankenhäuser für Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit beantragen. Im DIVI-Intensivregister werden hingegen nur die Intensivbetten gemeldet, für deren Betreiben auch Personal vorhanden ist.
Mitglieder des Beirats
Dem Beirat gehören vier Krankenhaus- und vier Krankenkassenvertreter sowie die beiden Gesundheitsökonomen Busse und Augurzky an.
Vonseiten der Krankenhäuser sind in dem Beirat die Vorsitzende der Geschäftsführung der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH, Andrea Grebe, vertreten, sowie der Geschäftsführer der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe mbH und 1. Vizepräsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Ingo Morell, der Vorstandsvorsitzende der Sana Kliniken GmbH und 2. Vizepräsident der DKG, Thomas Lemke, und der Medizinische Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus in Dresden, Michael Albrecht.
Die Krankenkassen werden von Stefanie Stoff-Ahnis vertreten, Mitglied des Vorstands des GKV-Spitzenverbands, sowie von Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer, Matthias Mohrmann, Mitglied im Vorstand der AOK Rheinland/Hamburg, und Annabritta Biederbick, Hauptabteilungsleiterin beim Debeka Krankenversicherungsverein. © fos/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema



Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.