Medizin
COVID-19: Antikoagulanzien könnten Sterberisiko halbieren
Freitag, 28. August 2020
New York – Eine Antikoagulation war an US-Kliniken bei COVID-19-Patienten mit einem deutlichen Rückgang der Intubationen und Todesfälle verbunden. Dabei scheint es nach den Ergebnissen einer retrospektiven Kohortenstudie im Journal of the American College of Cardiology (2020; DOI: 10.1016/j.jacc.2020.08.041) keine Unterschiede zwischen einer niedrig dosierten prophylaktischen und einer höheren therapeutischen Dosierung zu geben.
Gefäßverschlüsse durch Blutgerinnsel in den Lungen und anderen Organen gehören zu den häufigen Komplikationen von COVID-19. Autopsien haben gezeigt, dass es sich dabei weniger um klassische Lungenembolien handelt, bei denen Thromben aus den tiefen Becken-/Beinvenen die Lungenarterien verstopfen. Es kommt eher zu „spontanen“ Mikrothromben mit der Verlegung der kleinen Lungengefäße, die erklären, warum es trotz maschineller Beatmung häufig nicht zu einem ausreichenden Gasaustausch kommt.
An vielen Kliniken werden die Patienten inzwischen mit Antikoagulanzien behandelt, die auch in einer Leitlinie der deutschen Fachgesellschaften empfohlen werden. Dabei ist unklar, ob eine prophylaktische Antikoagulation mit subkutanem niedermolekularem Heparin (NMH) oder alternativ einem direkt wirkenden oralen Antikoagulans ausreicht, oder ob die Patienten eine therapeutische Antikoagulation mit intravenöser Heparingabe benötigen.
An den 5 Kliniken des Mount Sinai Health System in New York haben im März und April auf dem Höhepunkt der ersten Erkrankungswelle 900 COVID-19 Patienten (20,5 %) eine therapeutische Antikoagulation erhalten. Weitere 1.959 Patienten (44,6 %) erhielten die niedrigere prophylaktische Dosis des NMH. Die übrigen 1.530 Patienten (34,5 %) hatten keine Antikoagulanzien erhalten.
Wie das Team um Valentin Fuster von der Icahn School of Medicine in New York berichtet, haben die antikoagulierten Patienten häufiger überlebt, wobei es keine Unterschiede zwischen einer prophylaktischen und einer therapeutischen Dosis gab.
Fuster ermittelt für die therapeutische Antikoagulation eine adjustierte Hazard Ratio von 0,53, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,45 bis 0,62 signifikant war. Für die prophylaktische Antikoagulation betrug die adjustierte Hazard Ratio 0,50 (0,45 bis 0,57). Beide Varianten der Antikoagulation würden demnach das Sterberisiko der Patienten um etwa die Hälfte senken.
Die antikoagulierten Patienten mussten auch seltener für eine maschinelle Beatmung intubiert werden. Insgesamt wurden 467 Patienten (10,6 %) intubiert. Die Hazard Ratio betrug bei einer therapeutischen Antikoagulation 0,69 (0,51 bis 0,94) und bei einer prophylaktischen Antikoagulation 0,72 (0,58 bis 0,89). Auch hier gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Varianten.
Das niedrigere Sterberisiko muss gegen die Blutungsrisiken abgewogen werden. Von den 900 Patienten mit therapeutischer Antikoagulation erlitten 27 Patienten (3,0 %) eine schwere Blutung, nach der prophylaktischen Antikoagulation waren es 33 von 1.959 Patienten (1,7 %). Die Rate schwerer Blutungen war hier nicht höher als in der Kontrollgruppe ohne Antikoagulation. In dieser Gruppe wurde bei 29 von 1.530 Patienten (1,9 %) eine schwere Blutung festgestellt.
Die Ergebnisse deuten auf klinische Vorteile durch eine Antikoagulation hin, wobei eine prophylaktische Dosis ausreichen könnte. Die Evidenz von retrospektiven Studien ist jedoch gering. Notwendig sind prospektive randomisierte Therapiestudien. Die Icahn School of Medicine hat eine solche Studie in die Wege geleitet. 3.600 Patienten sollen auf eine prophylaktische oder therapeutische Dosis des NMH Enoxaparin oder auf das orale Antikoagulans Apixaban randomisiert werden. Eine Placebo-Gruppe ist nicht vorgesehen. Erste Ergebnisse könnten im März 2021 vorliegen. © rme/aerzteblatt.de

Vorbeugendes Behandlungsschema für Covid Risiko-Patienten
bei Werten unter 90% kombinierte Gabe von 4mg Fortecortin und einem DOAK. Weiteres Procedere in Abhängigkeit von PO2 und Klinik!

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