Vermischtes
Telemedizin: Google hat einen neuen strategischen Partner
Montag, 31. August 2020
Berlin/Boston – Der US-Telemedizinanbieter Amwell hat sich mit Google Cloud verbündet. Durch die langfristig angelegte Partnerschaft wolle man weltweit digitale Medizin anbieten, verkündeten beide Unternehmen in einer gemeinsamen Mitteilung in der vergangenen Woche.
Amwell bietet in den Vereinigten Staaten hauptsächlich medizinische und psychotherapeutische Videosprechstunden per Internetbrowser oder App an. Künftig will das Unternehmen viele seiner Anwendungen auf Google Cloud Servern laufen lassen und nicht mehr, wie bisher, mittels Amazon Web Services.
Im Gegenzug will Google Cloud ausschließlich Amwell als globale Telemedizinplattform voranbringen. Dafür wird der Internetgigant 100 Millionen Dollar in Aktien der Telemedizinfirma investieren, sobald deren kürzlich beantragter Börsengang abgeschlossen ist.
„Dies ist eine entscheidende Partnerschaft für die Gesundheitsbranche und hat das Potenzial, die Telemedizin durch den Einsatz moderner Cloud-Technologien dramatisch zu verändern“, sagte der Google Cloud CEO, Thomas Kurian.
„Gemeinsam werden wir in der Lage sein, ein unglaubliches Spektrum an integrierten Möglichkeiten anzubieten“, sagte der Arzt und Vorsitzende der Geschäftsführung von Amwell, Ido Schoenberg. „Unsere gemeinsame Arbeit könnte die Gesundheitsversorgung buchstäblich demokratisieren", meinte er.
Google bringt seine KI und Datenanalyse-Tools mit
Bei dieser Aufgabe soll auch eine Künstliche Intelligenz (KI) von Google die Arbeit von Amwell unterstützen: mit automatischer Sprachübersetzung, KI-gestützter Anamnese und Triage sowie Datenanalyse-Tools zur Fernüberwachung von Patienten.
Nach Ansicht beider Unternehmen könnten so „unterversorgte Bevölkerungsgruppen einen einfacheren und kontinuierlicheren Zugang zu Gesundheitsfürsorge“ bekommen. Beispielsweise sollen Senioren und Patienten mit chronischen Erkrankungen besser versorgt werden können.
Für den Zugang benötigt es dann allerdings einer Verknüpfung der Kundenkonten von Amwell und Google, schrieben die Unternehmen. Damit wolle man „die globale Präsenz von Google Cloud nutzen“.
Im Rahmen der Partnerschaft sollen „Sicherheit und Datenschutz als Kernprinzipien“ gelten. Alle angebotenen Dienste würden sich an „strenge Richtlinien bezüglich des Datenzugriffs und der Datennutzung, einschließlich Branchenvorschriften zu Gesundheitsinformationen von Patienten“ halten.
Das Wettrennen der Telemedizin in den USA
Videosprechstunden und Chats mit Ärzten haben sich in den Vereinigten Staaten, besonders während der SARS-CoV-2-Pandemie, für viele Amerikaner zu einer bezahlbaren Alternative zum bestehenden Gesundheitssystem entwickelt.
Bei Amwell startet der Preis für ein Gespräch bei knapp 80 Dollar – und steigt je nach Fachrichtung, zu behandelnder Krankheit und Qualifikation des Behandlers an. Mehr als 50 Krankenversicherungsanbieter würden jedoch mittlerweile einen Teil der Kosten übernehmen, schreibt Amwell auf seiner Webseite.
Rund 80 Millionen Amerikaner könnten so die telemedizinischen Leistungen nutzen. Einer Studie zufolge hatten allein zwischen Februar und Mai 2020 geschätzte 5,4 Millionen US-Bürger nicht nur ihren Job, sondern auch ihre Krankenversicherung verloren.
Amwell ist in den USA einer der größten Anbieter für Telemedizin. Ähnlich wie die Konkurrenten Teladoc und MDLive sammelte das Unternehmen in den vergangenen Jahren hohe Investitionssummen ein. Mehr als 640 Millionen Dollar flossen seit 2014 in Amwells Kassen, die aktuelle Beteiligung durch Google ist hier noch nicht eingerechnet.
Nach Unternehmensangaben würden bereits mehr als 40.000 Anbieter, darunter auch 2.000 Krankenhäuser und andere Partner im Gesundheitssystem, mit Amwells Diensten arbeiten. Die 2006 gegründete US-amerikanische Firma erntete in der Vergangenheit mehrfach Kritik von seinen Kunden wegen technischer Probleme. © jff/aerzteblatt.de

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