Ärzteschaft
Arbeitsmedizin: Während der Pandemie besonders wichtig
Mittwoch, 2. September 2020
Berlin – In der Coronapandemie bekommt die Arbeitsmedizinische Betreuung einen noch höheren Stellenwert. Darauf hat die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) auf einer Pressekonferenz zum Auftakt der DGAUM-Jahrestagung hingewiesen.
Arbeitsmediziner seien dazu in der Lage, eine individuelle Beratung und Betreuung am Arbeitsplatz anzubieten, die sonst nicht möglich wäre. Besonders gefährdete Personengruppen müssten auch in besonderem Maße berücksichtigt werden. Das gelte vor allem wenn anzunehmen sei, dass das Infektionsrisiko durch die berufliche Tätigkeit größer sei als in der allgemeinen Umwelt. In diesem Fall müssten adäquate Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
Wichtig ist der DGAUM zufolge in diesem Zusammenhang jedoch, eine individuelle Betrachtung anhand einer Gefährdungsbeurteilung. Eine Vorerkrankung und das Alter allein seien keine Indiz für eine erhöhte Infektionsgefahr. Der Arbeitsplatz und die ausgeübte Tätigkeit müssten ebenso berücksichtigt werden wie die Anamnese, so die Arbeitsmediziner.
Dies lässt sich demnach sehr gut am Beispiel von Lehrkräften verdeutlichen: Es macht demnach einen Unterschied, ob ein Lehrer zum Beispiel als Schulleiter in erster Linie administrative Tätigkeiten ausführt oder ob er im Sportunterricht mitunter sogar physischen Kontakt zu den Schülern hat.
Während eine administrative Tätigkeit an einer Schule auch mit einer Vorerkrankung wahrscheinlich weiterhin möglich sei, würde man die Lehrkraft, die Sportunterricht gibt, in einem solchen Fall gegebenenfalls vom Präsenzunterricht befreien, hieß es.
Neben der Anamnese und dem Gesundheitszustand eines jeden Einzelnen und der jeweiligen Tätigkeit spielen jedoch auch die Räumlichkeiten und die Arbeitsumgebung eine Rolle. Im Fall einer Lehrkraft würde das bedeuten, dass Kriterien wie die Größe eines Klassenzimmers, Lüftungsmöglichkeiten aber auch die Situation im Lehrerzimmer und auf den Pausenhöfen als Beurteilungskriterien herangezogen werden müssen.
Betriebsärztliche Betreuung auch im Homeoffice
Auch Mitarbeiter, die im Homeoffice arbeiten, haben in Pandemiezeiten einen erhöhten Informationsbedarf. Daher müsse auch für sie eine betriebsärztliche Beratung schnell und unkompliziert verfügbar sein.
Wissenschaftlich abgesicherte Empfehlungen für die Gestaltung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes sind zwar bisher nicht vorhanden und werden auch in der aktuellen Krise nicht mit der erforderlichen arbeitsmedizinischen Evidenz aufgestellt werden können. Generelle Regeln für Büroarbeitsplätze sollten hier jedoch – soweit wie möglich – Berücksichtigung finden.
Auch wenn ein Impfstoff gegen COVID-19 noch nicht verfügbar ist, wird die Nachfrage nach Grippe- und Pneumokokkenschutzimpfungen nach Ansicht der Arbeitsmediziner steigen.
Sie betonten, immer mehr Unternehmen machten sich Gedanken darüber, Schutzimpfungen auch am Arbeitsplatz anzubieten und somit ihre Beschäftigten zu schützen und gleichzeitig auch einen Beitrag zu leisten, Impflücken in der Bevölkerung zu schließen.
Sind die entsprechenden Vorkehrungen in einem Unternehmen einmal getroffen, könnte die bestehende Infrastruktur auch für ein etwaiges Impfangebot gegen COVID-19 genutzt werden. Unternehmen und Betriebsärzte könnten so dafür sorgen, dass schnell ein Immunschutz in der Bevölkerung aufgebaut wird und damit zur effektiven Prävention beitragen. © gru/aerzteblatt.de

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