Vermischtes
Debattenkultur im Internet: Jameda verschärft seine Richtlinien
Dienstag, 22. September 2020
München – Das Arztbewertungsportal Jameda hat seine Richtlinien für das Verfassen von Patientenberichten geändert. Damit will das Unternehmen „ein deutliches Zeichen gegen Beleidigung, Hassrede, Diffamierung, Diskriminierung, Rassismus und Respektlosigkeit jeglicher Art“ setzen, wie es erklärt.
„Beiträge, die bestimmte eindeutig beleidigende oder diffamierende Begrifflichkeiten enthielten, wurden auch nach den alten Richtlinien nicht veröffentlicht“, erklärt Saskia Wachter, eine Sprecherin von Jameda, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ).
„Die Erfahrung zeigte aber, dass in den letzten Jahren – insbesondere bei im Internet veröffentlichten Beiträgen – die rechtliche Auslegung und das Empfinden, welche Sprache man noch als fair und angemessen empfindet, mitunter deutlich auseinandergehen.“ Die Entwicklung der Debattenkultur betrachte Jameda mit Sorge.
Mit den neuen Richtlinien „setzen wir insbesondere erweiterte Maßstäbe an die Fairness hinsichtlich der verwendeten Sprache an“, sagt Wachter. Bislang hieß es in den alten Richtlinien unter der Überschrift „Keine beleidigenden Äußerungen“: „Beleidigungen, Diffamierungen und diskriminierende Äußerungen sind nicht gestattet.“
In den neuen Richtlinien heißt es seit dem 1. August unter der Überschrift „Respektvoller Umgangston“: „Auch, wenn es Anlass zur Kritik gibt, bitten wir beim Verfassen von Beiträgen Folgendes zu berücksichtigen: Es wird über einen Menschen geurteilt, jeder hat einen Anspruch auf Hilfe, aber niemand eine Garantie für Heilung und oft gibt es mehr als eine Ansicht darüber, welche Diagnose oder Therapie die richtige ist. Die Sprache sollte deshalb bei aller Verärgerung und Enttäuschung grundsätzlich von Achtung der Person gegenüber geprägt und frei von Demütigung, Herablassung und Aggression sein.
Inhalte, die wir als offensichtliche Rechtsverletzung erkennen, akzeptieren wir nicht. Darunter zu verstehen sind Beleidigungen, üble Nachrede, Verleumdung und Inhalte, die Drohungen enthalten, das Recht auf Privatsphäre verletzen sowie hetzerisch, diskriminierend, rassistisch, betrügerisch oder erpresserisch sind. Ebenfalls akzeptieren wir keine Beiträge, die obszön, anstößig oder anzüglich sind.“
Jameda prüft vor der Veröffentlichung mithilfe eines Algorithmus´, ob Beiträge gegen die Richtlinien verstoßen. Auffällige Beiträge werden an Mitarbeiter des Unternehmens weitergeleitet, die „ohne den Kundenstatus der betreffenden Ärzte zu berücksichtigen“ darüber entscheiden, ob die Beiträge gegen die Richtlinien verstoßen. Ist dies der Fall, schicken die Mitarbeiter die Beiträge mit der Bitte um Korrektur an den Verfasser zurück. Ist dieser nicht zur Korrektur bereit, wird der Beitrag gelöscht. Mit der Änderung der Richtlinien wurde auch der Algorithmus geändert.
Wachter betont, dass vor der Veröffentlichung die Sprache in den Beiträgen geprüft wird, nicht allerdings, ob die Äußerungen inhaltlich korrekt sind. Die inhaltliche Auseinandersetzung finde unverändert im Rahmen des von den Ärzten veranlassten Prüfverfahrens nach Freigabe eines Beitrages statt.
Ärzte werden vorab informiert
Ärzte werden nun zudem vor der Veröffentlichung über den Eingang eines Berichts informiert. „So bieten wir ihnen die Möglichkeit zu einer direkten Reaktion“, sagt Wachter. „Der Arzt kann den Beitrag dann direkt freigeben, kommentieren oder bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit melden. Die Entscheidung über die Veröffentlichung trifft Jameda.“
Die neuen Richtlinien gelten für Beiträge, die ab dem 1. August verfasst wurden. Die circa 2,6 Millionen zuvor verfassten Beiträge werden keiner nachträglichen Überprüfung unterzogen.
„Dies wäre auch gegenüber den Verfassern nicht fair, deren Beiträge ja unter den alten Regularien zustande kamen“, sagt Wachter. Über 80 Prozent der online gestellten Beiträge seien dabei „eindeutig positiv“. © fos/aerzteblatt.de

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