Ärzteschaft
Orientierungswert wird ab Januar um 1,25 Prozent angepasst – KBV enttäuscht
Dienstag, 15. September 2020
Berlin – Gegen die Stimmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat heute der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) beschlossen, den Orientierungswert ab 1. Januar nur um 1,25 Prozent anzupassen – dies entspricht aufgerundet 500 Millionen Euro. Der KBV-Vorstand zeigte sich „bitter enttäuscht“ von dieser Entscheidung.
Auf einen Blick: Die Ergebnisse
„Das ist eine grobe Missachtung der Leistungen der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen“, erklärte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen.
Orientierungswert: Der Orientierungswert für das Jahr 2021 wird um 1,25 Prozent auf 11,1244 Cent (aktuell: 10,9871 Cent) angehoben. Die Gesamtvergütung wächst damit um knapp 500 Millionen Euro.
Behandlungsbedarf: Am 11. August wurden bereits die regionalen Veränderungsraten der Morbidität und Demografie beschlossen. Sie bilden die Grundlage für die regionalen Vergütungsverhandlungen, die im Herbst beginnen. Für den steigenden Behandlungsbedarf wird ein zusätzlicher Vergütungsumfang von 70 Millionen Euro erwartet.
„Milliarden fließen in die Krankenhäuser, Milliarden erhält der Öffentliche Gesundheitsdienst, aber für die Vertragsärzte soll nun kein Geld mehr da sein“, empörte sich Gassen.
„Insbesondere während der letzten Monate der Corona-Pandemie trugen die Niedergelassenen die Hauptlast der Versorgung: Sechs von sieben COVID-19-Patienten wurden ambulant behandelt“, betonte Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorsitzender der KBV.
Nun sei für die Kolleginnen und Kollegen offenbar noch nicht mal genug Geld da, um die massiv gestiegenen Aufwendungen in den Praxen aufzufangen. Für die beiden KBV-Vorstände handelt es sich bei der EBA-Entscheidung um „einen Affront gegen die Vertragsärzteschaft“. © EB/aha/aerzteblatt.de

Warum hat die KBV keine Nullrunde für die Ärzte durchgesetzt?
Der Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses war für jedermann zu erwarten, der sich einmal mit Tarifverhandlungen befasst hat. Die eine Seite fordert x und die andere bietet y an. Typischerweise kommt ein Schlichter zu einem Ergebnis zwischen x und y. Von daher war die Entscheidung des Erweiteren Bewertungsausschusses vorhersagbar.
Einige Ärzte glauben, dass das Honorar der Ärzte derzeit ziemlich gut passt. Dazu zählt ganz sicher der Vorstand der KBV. Denn wenn der Vorstand der KBV der Auffassung gewesen wäre, dass das Honorar (rein fiktiv) um 35% zu niedrig wäre, dann hätte er doch eine Erhöhung um mindestens 60% gefordert. Hat der Vorstand der KBV aber nicht und daraus folgt, dass der Vorstand der KBV das derzeitige ärztliche Honorar für einigermaßen angemessen hält.
Dieser Auffassung teilen ganz viele andere Ärzte offensichtlich nicht und diese Ärzte gehören dem „ärztlichen Nachwuchs“ an. Für den Nachwuchs sind die vereinbarten Honorare so inakzeptabel, dass sie sich gegen eine Niederlassung entscheiden. Die Folge davon ist der Ärztemangel, der immer weiter zunimmt.
In diesem Sinne: Ärztemangel und Kompetenz des KBV-Vorstandes korrelieren perfekt miteinander.
Handlungsbedarf ergäbe sich erst dann, falls jemand wirklich den Ärztemangel beseitigen will. Bisher will das keiner, alles nur Lippenbekenntnisse bzw. Nebelkerzen.

Mehr als Enttäuschung kann KBV nicht

Nachrichten zum Thema


Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.