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Medizin

SARS-CoV-2: Angeborene Immunantwort schützt Kinder besser

Dienstag, 22. September 2020

/vectorfusionart, stock.adobe.com

New York – Kinder können eine Infektion mit SARS-CoV-2 vermutlich besser abwehren, weil ihr angeborenes Immunsystem schneller auf das Coronavirus reagiert. Bei älteren Menschen kommt es eher zu einer Antikörperreaktion, die jedoch das Blatt häufig nicht mehr wenden kann.

Die in Science Translational Medicine (2020; DOI: 10.1126/scitranslmed.abd5487) vorgestellten Ergebnisse könnten erklären, warum eine rekonvaleszente Serumtherapie bei schweren Erkrankungen häufig zu spät kommt.

Schon in den ersten Publikationen aus China war aufgefallen, dass Kinder selten und wenn dann nur leicht an COVID-19 erkranken. Die einzige Ausnahme bilden Kinder, die ein Multisystemisches Entzündungssyndrom (MIS-C) entwickeln, das jedoch eher immu­no­logische Ursachen hat. Die Ursache für die milden Verläufe sind bisher unklar. Ein Team um Kevan Herold vom Albert Einstein College of Medicine in New York hat deshalb die immunologischen Reaktionen bei jüngeren und älteren COVID-19-Patienten näher untersucht.

Die Blutproben stammten von 125 Patienten, die zwischen Mitte März und Ende Mai an der Klinik behandelt wurden. Neben 60 Erwachsenen, von denen 27 mechanisch beatmet wurden oder an COVID-19 starben, waren auch 45 Kinder darunter (davon 4 beatmet mit 2 Todesfällen) sowie 20 Patienten mit MIS-C.

Der wichtigste Unterschied zwischen den Immunreaktionen der Kinder und den schwere­ren Formen bei Erwachsenen war laut Herold ein stärkerer Anstieg von Interleukin 17a und Interferon gamma. Beides sind Zytokine der angeborenen Immunabwehr, die eine erste Abwehrlinie des Immunsystems bilden. Interleukin 17a könnte in den Abwehrzellen vor Ort in den Lungen gebildet werden. Interferone werden von infizierten Zellen gebil­det. Sie sollen benachbarte Zellen schützen.

Dieses rasche „Anspringen“ des Immunsystems könnte verhindern, dass SARS-CoV-2 sich stärker ausbreitet und eine systemische Infektion auslöst, die heute für die schweren Fälle bei Erwachsenen verantwortlich gemacht wird.

In dieses Bild passt, dass die Antikörperantwort bei den pädiatrischen Patienten relativ schwach ausfiel. Das Immunsystem der Kinder konnte offenbar auf diese Zweitreaktion des Immunsystems, die erst mit mehreren Tagen Verzögerung eintritt, dafür aber genauer auf die Erreger zielt, weitgehend verzichten.

Nicht so die Erwachsenen. Sie könnten wegen einer Schwäche der angeborenen Immun­abwehr auf die Antikörper angewiesen sein. Die Antikörper kamen bei den Patienten, die an COVID-19 starben, jedoch zu spät. Bei den Patienten mit den schweren Verläufen konnten die Forscher sogar die höchsten Antikörpertiter nachweisen. Auch die T-Zell-Antwort, mit der das Immunsystem infizierte Zellen beseitigt, fiel bei den erwachsenen Patienten stark aus.

Der schwere Verlauf und der Tod einiger Patienten ist nach Einschätzung von Herold nicht darauf zurückzuführen, dass das Immunsystem die Infektion nicht unter Kontrolle bekam. Eher scheinen die bereits eingetretenen Schäden für den Verlauf der Erkrankung verantwortlich zu sein.

Dies könnte laut Herold auch erklären, warum die rekonvaleszente Serumtherapie, wenn überhaupt, nur im Frühstadium der Erkrankung den Heilungsverlauf unterstützt, bei schwer erkrankten Patienten jedoch keinen entscheidenden Einfluss auf den weiteren Verlauf hat.

Die Forscher haben auch die Antikörpertiter der 3 Coronaviren-Arten HKU1, NL63 und 229E bestimmt, die in der Regel nur harmlose Erkältungskrankheiten verursachen. Sie fanden keine Hinweise darauf, dass diese Antikörper im Sinne einer Kreuzimmunität den Verlauf der Infektion beeinflussen.

Die Patienten wurden auf dem Höhepunkt der Epidemie in New York untersucht. Damals gab es keine effektive Therapie. Die Patienten wurden empirisch mit unterschiedlichen Medikamenten behandelt, die vielleicht den Verlauf der Erkrankung beeinflusst haben. Die Forscher konnten keine Bronchialflüssigkeit untersuchen, die die Vermutung einer verstärkten lokalen Immunreaktion in den Lungen bei den Kindern vielleicht gestützt hätten.

Der Infektionszeitpunkt der Patienten war nicht bekannt und den Forschern stand nur jeweils eine Blutprobe pro Patient zur Verfügung, so dass keine seriellen Analysen möglich waren. Ihre Publikation dürfte deshalb nur ein erster deskriptiver Schritt auf dem Weg zur genauen Analyse der Pathogenese von COVID-19 bei jüngeren und älteren Patienten sein. © rme/aerzteblatt.de

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