Medizin
ALK+ NSCLC: Neue Erstlinienoption auch mit intrakranieller Wirksamkeit
Mittwoch, 23. September 2020
Lugano/Köln – Die derzeit wichtigste Treibermutation neben denen des EGF-Rezeptors beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom sind Translokationen des Gens für die anaplastische Lymphom-Kinase (ALK).
Niedermolekulare ALK-Inhibitoren haben seit Jahren ihren festen Platz in der Therapie von Patienten mit fortgeschrittenem ALK-positivem NSCLC, und die Drittgenerations-Substanz Lorlatinib hat nun nach überzeugenden Daten in späteren Therapielinien auch in der Erstlinientherapie ihre Überlegenheit gegenüber dem ersten ALK-Inhibitor und langjährigen Standard Crizotinib nachgewiesen, wie beim virtuellen Kongress der European Society of Medical Oncology (ESMO) berichtet wurde [Solomon B et al. ESMO 2020, Abstract #LBA2].
Die Behandlung mit ALK-Inhibitoren schlägt bei diesen Patienten häufig gut an, aber nach einiger Zeit entwickeln sich Resistenzen. Ursprünglich für diese Situationen wurden Zweit- und Drittgenerations-Inhibitoren entwickelt: Für den Drittgenerations-Inhibitor Lorlatinib gibt es beim fortgeschrittenen ALK-positiven NSCLC bereits ausgezeichnete Daten aus Phase-I- und Phase-II-Studien (Lancet Oncology, 2017; DOI: 10.1016/S1470-2045(17)30680-0; Lancet Oncology, 2018; DOI: 10.1016/S1470-2045(18)30649-1).
Er ist bislang nach Versagen einer Erstlinientherapie mit Alectinib oder Ceritinib oder nach Vorbehandlung mit Crizotinib und mindestens einem anderen ALK-Inhibitor zugelassen.
In der Phase-III-Studie CROWN wurde Lorlatinib nun bei Patienten mit nicht vorbehandeltem, fortgeschrittenem, ALK-positivem NSCLC randomisiert mit Crizotinib verglichen (NCT03052608).
296 Patienten mit NSCLC im Stadium IIIB oder IV und dem Nachweis einer ALK-Translokation wurden in 104 Zentren in 23 Ländern rekrutiert und im Verhältnis 1:1 randomisiert, entweder Lorlatinib (100 mg/d oral) oder Crizotinib (2 Mal 250 mg/d oral) zu erhalten. Sie wurden insbesondere hinsichtlich des Vorliegens von Hirnmetastasen und der ethnischen Zugehörigkeit stratifiziert. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben, von unabhängigen Gutachtern verblindet festgestellt.
291 der randomisierten Patienten erhielten die Studienmedikation, so Benjamin Solomon, Melbourne, der den Late-Breaking Abstract beim ESMO-Kongress präsentierte. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 18,3 Monaten für den Lorlatinib- und 14,8 Monaten für den Crizotinib-Arm war der Medianwert des progressionsfreien Überlebens im experimentellen Arm noch nicht erreicht, für Crizotinib lag er bei 9,3 Monaten.
Die Reduktion des Risikos für Progression oder Tod erreichte beinahe 3/4 mit einer Hazard Ratio von 0,28 (95-%-Konfidenzintervall 0,101–0,413; p < 0,001). Ein ähnlicher Vorteil resultierte bei der Auswertung, bei der der Remissionsstatus durch die behandelnden Ärzte festgestellt worden war (Medianwert unter Lorlatinib nicht erreicht versus 9,1 Monate unter Crizotinib; HR 0,21; 95%-KI 0,144–0,307).
Beim Ansprechen war Lorlatinib ebenfalls überlegen: Nach dem verblindeten Urteil der unabhängigen Gutachter hatten hier 4 Patienten eine komplette (3 %) und 109 (73 %) eine partielle Remission erreicht, im Crizotinib-Arm waren es 0 bzw. 85 Patienten (58 %); 19 (13 %) versus 41 (28 %) weitere konnten zumindest eine Krankheitsstabilisierung verbuchen. Die mediane Dauer der Remissionen war unter Lorlatinib noch nicht erreicht, unter Crizotinib betrug sie 11 Monate.
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Interessant waren auch die Ergebnisse zum intrakraniellen Ansprechen: 17 Patienten im Lorlatinib- und 13 im Crizotinib-Arm hatten zu Studienbeginn Hirnmetastasen aufgewiesen, und mit Lorlatinib erreichten bezüglich dieser Metastasen 12 Patienten (71 %) eine komplette und 2 eine partielle Remission (12 %), im Crizotinib-Arm waren es 1 (8 %) bzw. 2 (15%). Die intrazerebralen Remissionen dauern im Lorlatinib-Arm bisher bis zu maximal 31,4, im Crizotinib-Arm bis zu 11,1 Monate an.
Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher wurden unter Lorlatinib bei 72,5 %, unter Crizotinib bei 55,6 % der Patienten registriert, abgebrochen musste die Therapie wegen Nebenwirkungen bei 6,7 % bzw. 9,2 % der Patienten werden. Die Mehrzahl der Grad-3–4-Nebenwirkungen von Lorlatinib waren Laboranomalien, am häufigsten Veränderungen der Lipidwerte.
Lorlatinib bringt damit eine signifikante und klinisch sehr relevante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens gegenüber Crizotinib und wäre damit – vorbehaltlich einer entsprechenden Zulassungserweiterung – als neue Erstlinien-Therapieoption beim fortgeschrittenen ALK-positiven NSCLC anzusehen, so Solomon. © jfg/aerzteblatt.de
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