Medizin
Kaiserschnitt: Wundbehandlung mit Unterdruck schützt nicht vor Infektionen
Dienstag, 20. Oktober 2020
Indianapolis – Eine Vakuumtherapie, die die Wundheilung durch einen über eine Pumpe erzeugten Unterdruck fördern soll, hat in einer randomisierten Studie im Amerikanischen Ärzteblatt (JAMA, 2020; DOI: 10.1001/jama.2020.13361) die Zahl der Wundinfektionen nach einer Kaiserschnittentbindung nicht gesenkt. Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, als bei einer Zwischenauswertung ein Anstieg von Nebenwirkungen auf der Haut beobachtet wurde.
Bei der Vakuumtherapie (auch Vakuumversiegelung genannt) wird die Wunde mit einem luftdichten Verband bedeckt. Er ist mit einem Schlauch verbunden, über den die Sekrete abgesaugt werden. Der dabei entstehende Unterdruck soll die Wundheilung beschleunigen und Wundinfektionen verhindern. Die Evidenz für eine Infektionsprophylaxe ist allerdings gering. Die Cochrane-Collaboration beklagte auch im jüngsten Review einen Mangel an klinischen Studien.
Das US-National Institute of Child Health and Human Development (NICHD) hat in den letzten Jahren eine solche Untersuchung in einer der häufigsten Indikationen durchgeführt.
In den USA werden bereits mehr als 30 % der Kinder per Kaiserschnitt geboren. Wundheilungsstörungen sind vor allem bei adipösen Frauen – das sind heute 1/4 aller Schwangeren – häufig. Viele Kliniken setzen deshalb bei adipösen Schwangeren routinemäßig eine Vakuumtherapie ein (die die Kosten pro Kaiserschnitt um 200 bis 500 US-Dollar erhöhen).
Die Studie Prevena-C („Preventing Adverse Incisional Outcomes at Cesarean Multicenter Trial“) sollte prüfen, ob der Einsatz sinnvoll ist. An 6 Zentren wurden 1.624 adipöse Schwangere (mittlerer Body-Mass-Index nahezu 40) auf eine konventionelle Wundauflage oder auf eine Vakuumtherapie randomisiert.
Ursprünglich sollten 2.850 Patientinnen an der Studie teilnehmen. Bei einer geplanten Zwischenauswertung stellte sich jedoch heraus, dass die Behandlung keinen Einfluss auf die Zahl der Wundinfektionen hatte.
In der Vakuumtherapiegruppe hatten zu diesem Zeitpunkt 29 von 806 Patientinnen eine Infektion an der Wundnaht (3,6 %) verglichen mit 27 von 820 Patientinnen (3,4 %) mit einem konventionellen Wundverband, ein Unterschied, der statistisch nicht signifikant war.
Methodius Tuuli von der Indiana University School of Medicine in Indianapolis und Mitarbeiter ermittelten ein relatives Risiko von 1,05. Bei einem weiten 95-%-Konfidenzintervall von 0,63 bis 1,76 ist dies zwar kein eindeutiges Ergebnis.
Für einen Abbruch der Studie sprach jedoch eine deutlich höhere Rate von Nebenwirkungen auf der Haut. Unter der Vakuumbehandlung kam es häufiger zu Blasen, Blutungen, Erythemen und anderen Störungen. Insgesamt betrug die Inzidenz 7,0 % gegenüber 0,6 % in der Vergleichsgruppe.
Die Risikodifferenz von 6,95 Prozentpunkten war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,16 bis 12,03 Prozentpunkten signifikant und ließ der Studiengruppe kaum eine andere Wahl, als die Studie frühzeitig zu beenden.
Interessanterweise traten die Wundheilungsstörungen deutlich seltener auf als erwartet. Die Inzidenz liegt bei adipösen Schwangeren normalerweise bei etwa 10 %. Dass es in der Studie deutlich weniger waren, könnte damit zusammenhängen, dass in einer klinischen Studie in der Regel darauf geachtet wird, dass andere Maßnahmen zur Vorbeugung penibel eingehalten werden.
Dazu gehört eine perioperative Antibiotikabehandlung, die sorgfältige Reinigung der Haut mit einem wirksamen Antiseptikum, eine gute Operationstechnik und die Verwendung von Heftklammern statt Nähten zum Verschließen der oberflächlichen Hautschichten. Die Einhaltung dieser Versorgungsstandards könnte nach Ansicht von Tuuli die Rate der Wundinfektionen senken und den Kliniken zusätzliche Kosten einsparen. © rme/aerzteblatt.de
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