Medizin
Diarrhö: Zink bereits in niedriger Dosierung wirksam
Mittwoch, 14. Oktober 2020
Genf – Die Dosis der Zinkbehandlung, die in ärmeren Ländern neben der oralen Rehydration eine Säule in der Behandlung von Durchfallerkrankungen bei Kindern ist, konnte in einer randomisierten Studie im New England Journal of Medicine (2020; DOI: 10.1056/NEJMoa1915905) auf 1/4 gesenkt werden, ohne dass die Wirksamkeit beeinträchtigt wurde. Die niedrige Dosis ging mit einer geringeren Rate von Erbrechen einher, was die Akzeptanz der Behandlung erhöhen könnte.
Obwohl die Zahl der Todesfälle seit den 1980er Jahren um 90 % gesenkt werden konnte, sterben noch immer weltweit jedes Jahr schätzungsweise eine halbe Million Kinder in den ersten Lebensjahren an Durchfallerkrankungen. Da die Kinder neben Flüssigkeit auch Spurenelemente verlieren, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Substitution mit Zink. Die Behandlung hat in Studien die Durchfalldauer verkürzt, die Anzahl und das Volumen der Stuhlgänge verringert und dazu beigetragen, dass die Kinder sich rascher erholen.
Die derzeit empfohlene Dosis von 20 mg pro Tag liegt allerdings weit über dem täglichen Zinkbedarf. Dem Körper wird dadurch nach Einschätzung von Experten zwar kein Schaden zugefügt. Der stark metallische Geschmack von Zink und die Reizung der Magenschleimhaut führen jedoch dazu, dass viele Kinder sich übergeben und die Einnahme über die notwendige Dauer von 10 bis 14 Tagen verweigern. Die WHO hat deshalb in einer großen randomisierten Studie geprüft, ob eine Dosisreduktion auf 10 mg oder sogar 5 mg möglich ist.
Am „Zinc Dosing Trial“ (ZTDT) wurden zwischen Januar 2017 und Februar 2019 in Indien und Tansania insgesamt 4.500 Kinder im Alter von 6 Monaten bis 5 Jahren, die seit weniger als 3 Tagen an Durchfällen litten, auf die 3 Dosierungen randomisiert. Die 3 primären Endpunkte waren eine Durchfalldauer von mehr als 5 Tagen, die Anzahl der Stühle und das Auftreten von Erbrechen nach der Zinkverabreichung.
Wie das Team um Jonathon Simon von der WHO-Zentrale in Genf jetzt berichtet, gab es in der Dauer und der Zahl der Durchfälle keine signifikanten Unterschiede. Unter der niedrigen Dosierung von 5 mg/Tag litten 7,2 % der Kinder länger als 5 Tage unter Durchfällen, in der Gruppe mit einer Dosis von 10 mg/Tag waren es 7,7 % und in der Gruppe mit einer Dosis von 20 mg/Tag 6,5 %.
Auch die mittlere Anzahl der wässrigen Stühle war mit 10,8 in der 5 mg-Gruppe, nicht höher als in 10 mg-Gruppe (10,9 wässrige Stühle) und der 20 mg-Gruppe (10,7 wässrige Stühle).
Die Zahl der Kinder, die sich innerhalb von 30 Minuten nach der Einnahme der Zinktablette erbrachen, stieg jedoch mit der Dosis von 13,7 % (5 mg-Dosis) auf 15,6 % (10 mg-Dosis) und 19,3 % (20 mg-Dosis) an.
Simon ermittelt ein relatives Risiko von 0,81 (97,5-%-Konfidenzintervall von 0,67 bis 0,96) für die 10 mg-Dosis und von 0,71 (0,59 bis 0,86) für die 5 mg-Dosis gegenüber der derzeit empfohlenen Dosis von 20 mg. Auch die Häufigkeit des Erbrechens, das später als 30 Minuten nach der Einnahme auftraten wurde vermindert.
Die niedrige Dosis ging zwar in den ersten Tagen mit geringeren Zinkkonzentrationen in den Blutproben einher. Nach 21 Tagen gab es jedoch keine Unterschiede mehr. Die Studie dürfte deshalb dazu führen, dass die WHO ihre derzeitigen Empfehlungen zur Zinksubstitution bei Kindern mit Durchfallerkrankungen in ärmeren Ländern überdenkt. © rme/aerzteblatt.de
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