Medizin
COVID-19: Mehrheit der Patienten überlebt mit ECMO
Montag, 28. September 2020
Ann Arbor/Michigan – Die Überlebenschancen von COVID-19-Patienten, bei denen eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) durchgeführt wird, sind günstiger als bisher angenommen. Nach den im Lancet (2020; DOI: 10.1016/S0140-6736(20)32008-0) vorgestellten Erfahrungen eines weltweiten Patientenregisters liegt die Sterberate unter 40 %.
Die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) wurde zur Behandlung von Patienten mit einem akuten Lungenversagen („Acute Respiratory Distress Syndrome“, ARDS) entwickelt, bei denen die Chance besteht, dass die Lunge sich mit der Zeit wieder erholt.
In der Zwischenzeit wird das Blut außerhalb des Körpers über einen Membran-Oxygenator mit Sauerstoff versorgt und vom Kohlendioxid befreit. Die ECMO ist technisch aufwendig und ihr Nutzen begrenzt.
In der bisher größten randomisierten Studie an Patienten mit ARDS hat ECMO die Sterberate nicht signifikant von 46 % auf 35 % gesenkt (NEJM 2018; 378: 1965-75). Neuere Meta-Analysen sehen dagegen einen signifikanten Vorteil.
Die ersten Erfahrungen mit ECMO bei COVID-19-Patienten waren ernüchternd. Nur wenige konnten gerettet werden. Nach den Anfang April im Journal of Critical Care (2020; 58: 27-28) veröffentlichten Zahlen lag die Sterberate bei weit über 90 %.
Viele Kliniken waren deshalb zurückhaltend bei dem Einsatz der kostspieligen Behandlung, die nur an wenigen Zentren möglich ist. Inzwischen scheint der anfängliche Pessimismus überwunden zu sein.
Das Patientenregister der „Extracorporeal Life Support Organization“ (ELSO) verzeichnete bis Mai 1.035 COVID-19-Patienten, die an 213 Zentren in 36 Ländern (mit deutscher Beteiligung) mit ECMO behandelt wurden.
Wie Ryan Barbaro von der Universität von Michigan in Ann Arbor und Mitarbeiter jetzt berichten, waren die Patienten median 49 Jahre alt, sie hatten zu 70 % wenigstens eine Komorbidität. Im Verlauf der Erkrankung war es bei 79 % zu einem ARDS und zu 29 % auch zu einem akuten Nierenversagen gekommen.
zum Thema
- Abstract der Studie
- Pressemitteilung der Universität von Michigan in Ann Arbor
- Leitlinien der ELSO zur Behandlung von COVID-19
- Abstract der Studie im Journal of Critical Care
Deutsches Ärzteblatt print
- Invasive und nichtinvasive Beatmung bei COVID-19-Patienten
- Pathologie der schweren COVID-19-bedingten Lungenschädigung
aerzteblatt.de
Der Oxygenierungsindex (PaO2/FiO) war zu Beginn der ECMO auf 72 mm Hg (normal 350 mmHg bis 450 mmHg) abgefallen. 70 % der Patienten wurden in das Krankenhaus transportiert, wo die ECMO durchgeführt wurde. Bei den anderen 30 % war die ECMO – wahrscheinlich mit Unterstützung eines Teams des empfangenden Krankenhauses – bereits in der zuweisenden Klinik begonnen worden.
In den ersten 90 Tagen nach Beginn der ECMO starben 380 Patienten (37 %). Bei den meisten war die ECMO in den ersten 24 Stunden abgebrochen worden, weil eine Erholung des Patienten nicht zu erwarten war.
Von den übrigen Patienten befanden sich 67 Patienten (6 %) bei der Analyse noch in der Klinik, 176 Patienten (17 %) waren in ein anderes Krankenhaus und 101 Patienten (10 %) in ein Langzeitakutzentrum überwiesen worden. Nur 311 Patienten (30 %) konnten nach Hause oder in ein Reha-Zentrum überwiesen werden.
Das Mortalitätsrisiko stieg mit dem Alter der Patienten an. Weitere signifikante Risikofaktoren für einen ungünstigen Ausgang waren eine Immunschwäche, ein akutes Nierenversagen, eine vorbestehende chronische Lungenerkrankung, eine kardiale Reanimation vor dem ECMO-Beginn und eine schlechtere Lungenfunktion. © rme/aerzteblatt.de

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